Der Biber ist ein Hungener

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Biber sind charakteristische Tiere der Flusslandschaften. Auen gehören zur Stadt Hungen, daher ist der Biber ein „echter Hungener“.

Zu einer Biberexkursion unter Leitung der Biologin Vera Scherfer hatte die Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON), Arbeitskreis Gießen in die „Mittlere Horloffaue“ eingeladen.
Ganz besonders begrüßte Sie die NAJU Kindergruppe Nonnenroth mit 40 Personen. Für die Kinder wurde extra das Bibermobil mit spannenden Informationen und Mitmachspielen organisiert.

Vera Scherfer führte die Erwachsenen zu den Spuren der Nager an der Horloff und erzählte erstaunliches über das Tier. Der Biber ist ein aktiver Landschaftsgestalter. Er erschafft Auengebiete mittels Dämme in Gratisarbeit. Dämme sind nötig, damit er auch in einer Trockenperiode genügend Wasser zum Wegtauchen hat, aber auch zur Sicherstellung von Transportwegen. Wenn der Biber staut, setzt er alles unter Wasser, Hartholzbäume gehen ein. Es gibt dadurch mehr Licht, Weichhölzer wie Weiden wachsen und dienen dem Biber wiederum als Nahrung.
Die Biodiversität nimmt zu – es siedeln sich u.a. Amphibien, Fische, Libellen an.
Hier in Hungen beschränkt sich die Aktivität des Bibers als Dammbauer auf kleinere und mittlere Fließgewässer. Hier legt „Meister Bocket“, wie er auch genannt wird, meist Bauten in Uferböschungen an, sogenannte „Biberburgen“. Der Eingang befindet sich immer unter Wasser. Der mit Ästen gebaute Wohnkessel wird mit Schlamm und Wasserpflanzen verdichtet, innen ist der Bau trocken und schön gepolstert, damit der Nachwuchs optimale Bedingungen hat.

Anhand eines Biber-Präparates erklärte Referent Dominik Schmitt am Bibermobil die Merkmale des Bibers. Beeindruckend ist die Körpergröße, die eine Länge von 100 cm erreichen kann. Ein ausgewachsener Biber bringt 30 kg auf die Waage. Er ist das zweitgrößte Nagetier unseres Planeten und hat sich optimal ans Schwimmen angepasst mit einem speziellen Schwanz, Kelle genannt, die etwa 30 cm lang ist und mit Schwimmhäuten an den Hinterzehen. Der Biber ist ein reiner Vegetarier, die kräftigen Schneidzähne wachsen ein Leben lang nach. Sein dichtes Fell ist sprichwörtlich: Auf einem Quadratzentimeter wachsen 10.000 Haare. Früher diente das Fleisch der Biber in der Fastenzeit als willkommene Nahrung. Mit seinem unbehaarten, flachen Schwanz wurde er ganz einfach zum Fisch erklärt. Vor allem hat man ihn aber wegen seines Fells stark bejagt. Im 16. Jahrhundert wurde der Biber in Hessen ausgerottet. Und vor 36 Jahren, 1987, wurde er im Ostspessart wieder angesiedelt und breitet sich seitdem kontinuierlich in Hessen aus. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz gehört der Biber zu den streng geschützten Tierarten. Maßnahmen in ihren Lebensräumen sind immer mit den zuständigen Fachbehörden abzustimmen.

Durch ihre Aktivitäten können Biber manchmal Probleme mit den Gewässeranrainern bekommen.
Die verursachten Schäden sind jedoch nicht überzubewerten – sie können durchaus toleriert werden, wenn sie keine Gefahr darstellen. Es gibt heute zahlreiche Möglichkeiten, um Gehölze zu schützen, Biberdämme zu drainieren oder Elektrozäune aufzustellen. Zudem ist es eng geworden für Wildtiere in unserer Heimat. Naturnahe Landschaften im Umfeld von Gewässern fehlen, es gibt keine richtige Uferbestockung mehr. Meistens grenzen Landwirtschaftliche Flächen und Straßen unmittelbar an die Gewässer. Biber nutzen in der Regel maximal 30 Meter breite Uferstreifen zum Nahrungserwerb. Bei Konflikten stehen die örtlichen Biberbeauftragten mit Rat und Tat zur Verfügung. „Zum Glück gibt es nicht mehr als zwei bis drei wirkliche Streitfälle pro Jahr,“ meinte Vera Scherfer am Schluss ihrer Exkursion. „Wir müssen wieder lernen, mit dem Biber zu leben“.
Er schafft schöne Lebensräume für Mensch, Tier und Pflanze – der perfekte Naturschutz.“