Windflauten und die Folgen, Dezember 2023

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Stromverbrauch und Stromerzeugung Gesamtübersicht für 2023

Tabelle 1: Zusammenfassung für 2023 mit hochgerechnetem Ergebnis für den 80% – EE-Ausbau in 2030 (grün markierter Teil der Tabelle)

Erläuterungen zur Tabelle

Die Tabelle wurde neu eingeführt, um die Monatswerte übersichtlich für ein ganzes Jahr zusammenzufassen und sie miteinander zu vergleichen. Kritische Werte, wie die gesicherte Leistung, die maximale Ersatzkapazität und der spezifische CO2 – Ausstoß sind als graue Felder hervorgehoben. Man sieht, welchem Monat sie zuzuordnen sind. Im Jahr 2023 fiel z. B. der größte  CO2 – Ausstoß im Februar an. Der max EK – Wert ist zeitlich nicht prognostizierbar und muss daher, um vollständige Bedarfsdeckung zu garantieren, rechtzeitig mit grundlastfähigen Kraftwerksreserve vorgehalten werden. In den folgenden Diagrammen ist er mit einem grünen Pfeil gekennzeichnet.

Stromverbrauch und Stromerzeugung im Dezember 2023

Es gab, jahreszeitbedingt, kaum nennenswerte Sonneneinstrahlung und im Monatsverlauf eine zweigeteilte Erzeugung. Die erste Hälfte unterdurchschnittliche, die zweite Hälfte leicht überdurchschnittliche EE-Stromerzeugung. Aus der im Dezember 2023 aufgrund der Umwelteinflüsse (Wetter) zufällig vorgegebenen Volatilität (Schwankungsausmaß) wird der aktuelle Anteil von 62% Ökostrom am durchschnittlichen Verbrauch ermittelt. Eine aussagekräftige Darstellungsform für den Erzeugungs- und auch den Verbrauchsverlauf bietet die Liniendiagramm-Form, wie in Bild 1 gezeigt. Man sieht darin die wichtigsten Kenngrößen:

  • Monatsdurchschnitt der Ökostromeinspeisung aus PV, Wind, Biomasse und Wasserkraft ins Netz (blau strich-punktiert): 33.181 MW,
  • Monatsdurchschnitt Verbrauch (rot strich-punktiert): 53.913 MW
  • Gesicherte Leistung des Ökostroms (Leistung, die zu jedem Zeitpunkt verfügbar war): 8.419 MW
  • Maximale Ersatzkapazität (= größte erforderliche Leistung zur vollständigen Bedarfsdeckung): 45.494  MW
  • Spezifischer CO2-Ausstoß des gesamten Strommix: 416 g/kWh (Gramm je Kilowattstunde Stromerzeugung) [2]

Des weiteren sind im Verlauf des Dezembers mehrere Erzeugungsspitzen erkennbar, denen aber auch etwa gleich viele Ertragseinbrüche gegenüberstehen. Sie stehen für einige über das Land ziehende Sturmtiefs bzw. Windflauten, während die PV-Erzeugung, jahreszeitbedingt, so gut wie keine Rolle spielt. Die bis in den Schwankungsbereich des Verbrauchsverlaufs (rot) hinein reichenden Erzeugungsspitzen erreichten minuten- bis stundenweise, schon 100 % Bedarfsdeckung. Allerdings belasten diese extremen Schwankungen die Netzstabilität. Gegenmaßnahmen sind die Netzfrequenz-Stabilisierung, sowie die Breitstellung von Ersatzleistung aus konventionellen Anlagen (Kohle, Gas, Import). Das führte im Dezember zum oben angegebenen Spezifischen CO2-Ausstoß (416 Gramm CO2 je Kilowattstunde Stromerzeugung). Zum Vergleich: Länder wie Frankreich oder Schweden verursachen rund ein Zehntel davon. Die maximale Ersatzkapazität entspricht auch der größten im Dezember aufgetretenen Versorgungslücke zwischen Erzeugung durch Öko-Energie und dem Verbrauchsdurchschnitt.

Bild 1: Verläufe von Stromerzeugung aus Ökoenergie und Stromverbrauch bei aktuellem Ausbauzustand im Dezember 2023; rechts Ausschnitt A mit größtem Reservebedarf. Datenquelle: smard [1]

Stromverbrauch und Stromerzeugung im Dezember 2030 nach dem Plan des BMWK [5) – kann der Ökostromausbau mit 80% – Anteil in 2030 die Lösung sein?

Der vom  vom Zustand 2023 ausgehend hochgerechnete Ausbauzustand wird ebenso in Diagrammform, siehe Bild 2, dargestellt dazu korrespondierenden Daten:

  • Monatsdurchschnitt der Ökostromeinspeisung aus PV, Wind, Biomasse und Wasserkraft ins Netz (blau strich-punktiert): 65.295 MW,
  • Monatsdurchschnitt Verbrauch (rot) wie geplant: 81.621 MW
  • Anteil des Ökostroms am Verbrauch wie geplant: 80 %

Ungeplant, als Resultat der Einspeiseschwankung des Ökostroms, ergibt sich daraus:

  • Gesicherte Leistung des Ökostroms von 10.858 MW erhöht (siehe zum Vergleich Diagramme Bild 1 und 2).
  • Maximale Ersatzkapazität (= größte erforderliche Leistung zur vollständigen Bedarfsdeckung): von 45.464 auf 70.763 MW erhöht.
  • Spezifischer CO2-Ausstoß des gesamten Strommix: abhängig vom erreichten Strommarkt-Design im Bereich von 420 bis 500 g/kWh (Gramm je Kilowattstunde Stromerzeugung)
  • Erhöhung der ausbaufähigen Ökostrom-Erzeugung aus Wind und Solar, um das 80%-Ziel zu erreichen: Faktor 2,2 (siehe Tabelle)
  • Erreichbare Dauer der 80% Bedarfsdeckung: an nur 17 von 31 Tagen !

Bild 2: Verläufe von Stromerzeugung aus Ökoenergie und Stromverbrauch November 2030, hochgerechnet aus November 2023 entsprechend Planungsziel des BMWK für 2030 [4]; rechts Ausschnitt A mit größtem Reservebedarf.

Fazit:

Es zeichnet sich auch für die Dezember-Auswertung ab, dass durch den bloßen Zubau von Windenergie- und PV-Anlagen die Einspeiseschwankungen nicht verringert, sondern vergrößert werden. Nur an 17 von 31 Tagen kann das 80% – Ziel erwartet werden, dann allerdings mit noch um ein Vielfaches über den Bedarf (Verbrauch) überschießenden Spitzen. Das Maximum tritt, unter Beibehaltung gleicher Voraussetzungen wie im Dezember 2023 [3], am 29. Dezember 2030 um die Mittagszeit auf (etwa 12:45 Uhr). Da wird der durchschnittliche Verbrauch um 52% über mehrere Stunden überschritten werden. Trotzdem werden immer noch ebenso zahlreiche tiefe Einbrüche im Monatsverlauf auftreten. Ursache wird höchstwahrscheinlich weiterhin bleiben, dass die Erzeugungsspitzen der Erneuerbaren (noch) nicht für Schwachwindzeiten gespeichert werden können. Die Anforderungen an Bedarfsdeckung, Netzstabilität und Verringerung des CO2-Ausstosses werden noch weiter erschwert. Der Maximale Fehlbetrag zwischen Erzeugungstiefststand des Ökostroms (Ausschnitt A, grüner Pfeil) wird von 45.464 auf 71.763 MW anwachsen. Als Folge davon wird der entsprechende CO2-Ausstoß, gleiche Bedingungen wie im Oktober 2023 vorausgesetzt, mit Sicherheit deutlich über dem aktuellen 2023er Wert liegen, der noch einen Monatsdurchschnitt von ca. 416 Gramm CO2 je kWh Stromerzeugung aufwies (siehe Tabelle). [2]. Er wird in Richtung 500 Gramm/kWh steigen, abhängig vom endgültigen Strommarktdesign.

Bitte beachten: bei den Diagrammen unterschiedliche Skalierung der Y-Achsen in Bild 1 und 2 (zur Verdeutlichung der Volatilität)!

Quellen:  [1] Strommarktdaten “smard” ; [2] Electricity-Maps; [3] Langfassung der Analyse beim Verfasser des Artikels erhältlich;

[4]  Deutscher Bundestag Drucksache 20/1630 Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Gesetzes zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor , Seite 137, Punkt 2.

Bodo Zierenberg
Diplomingenieur im Ruhestand, berufliches Umfeld überwiegend in der Kerntechnik. Private Interessen: kritische Beobachtung der Energiewende, Beschäftigung mit klassischer Musik.