Krimi: Finsteres Kliff – Sabine Weiss

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Klappentext:

Ein Orkantief liegt über Sylt. Nicht die beste Zeit, um auf die Insel zu reisen, doch Liv Lammers ruft die Pflicht. Auf dem Morsum-Kliff wurde eine Leiche entdeckt, kurz nach dem Biikebrennen, und der Tatort sieht aus, als habe ein blutiges Ritual stattgefunden. Das Opfer: ein Hobby-Archäologe, der angeblich einem Wikingerschatz auf der Spur war. Hat er seine Passion für die Wikinger zu weit getrieben? Oder ist die grausige Inszenierung nur ein Ablenkungsmanöver? Liv Lammers und ihre Kollegen von der Flensburger Mordkommission ermitteln in alle Richtungen. Die Zeit drängt, denn eine junge Frau ist verschwunden – die Freundin des Opfers …

Rezension:

Sabine Weiss war mir ja schon durch den historischen Roman „Die Arznei
der Könige“ ein Begriff und nun lag also der Sylt Krimi „Finsteres Kliff“ auf
meinem Stapel ungelesener Bücher. Kennt ihr das, wenn ihr ständig um ein Buch herumlauft und quasi Angst habt, dass ein Autor, welchen ihr von einem anderen Genre kennt und mögt, vielleicht in diesem enttäuschen könnte? Und dann nehmt ihr das Buch
mit dem Gedanken in die Hand: „Ich fang einfach mal an, nur mal so ein paar
Seiten.“ Was passiert dann?

Ich fand mich dann ratz-fatz in Sylt wieder – bei einem Ritualmord
mitten auf einem Kliff, bei dem ein Mann wie bei einem Wikingerritual
aufgebahrt wurde.

Liv Lammers vom K1 aus Flensburg kommt als Polizistin auf ihre
Heimatinsel Sylt und darf dort mit ihrem Team ermitteln. Es wird sehr schnell
festgestellt, dass auch noch die Freundin des Opfers entführt wurde. Dazu kommt
dann noch ein verschwundenes Sax – ein Wikingerbreitschwert.

Die entführte Freundin Vanessa wird halbtot ein paar Tage später wiedergefunden.
Die Freunde von Vanessa und dem Toten kommen ins Visier. Sie gehen regelmäßig als
Wikinger auf Rollenspielevents und huldigen auch den alten Göttern.

Richtig verwirrend wurde es als herauskommt, dass Medikamente für die
Chemo bei Krebskranken in Apotheken gestreckt werden. Dabei kommt die Apotheke
in der Vanessa und ihre Freundin Xenia arbeiten ins Visier der Ermittlung, da
es so scheint, dass auch die Medikamente von Vanessas Mutter gestreckt wurden
und Vanessas Freund dies wohl rausbekommen hat.

Ihr merkt schon, verdammt viel Inhalt. Dazu kommen noch die üblichen
kleinen Familiendramen, in Livs Fall war es z.B. eine Tochter, die beim
Ladendiebstahl erwischt wurde, der überflutete Keller ihres Hauses in Flensburg.
Was Liv belastet, ist das gestörte Verhältnis zu ihrem Vater und der Schwester.
Aber es ist nichts Wildes, zumindest kommt mir Liv wie eine „normal gestörte“
Person vor, mit normalen Problemen, die mich beim lesen nicht zu sehr belastet
haben. Bei manchen Ermittlern möchte man schon mal gerne den Psychologen
schicken. Hier ist es eher der normale Wahnsinn, der sich Leben nennt.

Wenn ich nun das ganze Revue passieren lasse, werden zwar viele Themen im Buch angeschnitten, aber es ist nicht überladen. Es ist gut und spannend zu lesen und diese Mischung aus historischen und kriminalistischen Elementen, macht diesen Krimi sehr spannend. Man bekommt sehr schnell einen Bezug zu den Personen. Der Krimi ist weder zu seicht, noch zu überladen. Die Fallhöhe war bei dieser Autorin für mich verdammt hoch – und was macht diese sie? Sie schreibt fast noch bessere Krimis als historische Romane! Wahrscheinlich liegt es daran, dass sie sich in beiden Genres sehr wohlfühlt, denn das Historische kommt ja auch nicht zu kurz. Ich wollte eigentlich nie nach Sylt, weil ich dachte, na ja, das ist kulturell nicht meine Welt. Und was macht Frau Weiss? Sie weckt in mir den Wunsch, mal einen Urlaub auf Sylt zu verbringen, durch die Dünen zu gehen, die Hügelgräber zu besichtigen und noch einiges mehr. Das zeigt mir erneut, dass Deutschland immer wieder für Überraschungen gut ist und man selbst durch einen Krimi noch mehr über sein Land lernen kann.

ISBN: 978-3-404-17822-3
Verlag: Bastei Lübbe

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