Kapazitätsprobleme durch das 9-Euro-Ticket waren insbesondere in Hessen zu erwarten – Fahrgäste nutzen die Bahn, wenn das System auch für Gelegenheitsnutzer/innen günstig und verständlich ist

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Der PRO BAHN Landesverband Hessen zeigt sich von der Entwicklung zum 9-Euro-Ticket während der ersten Gültigkeitstage und rund um das Pfingstwochenende wenig überrascht. Die Ausreizung der Kapazitäten insbesondere im Regionalzugverkehr war zu erwarten und ist auch in Hessen deutlich eingetreten.  Dies betrifft nicht nur die in den Medien genannten touristischen Strecken wie die RB10 in den Rheingau, die Linien der Odenwaldbahn und die der Lahntalbahn. Vielmehr sind es erneut die langlaufenden Regional-Express-Linien wie die RE30 Frankfurt-Gießen-Marburg-Kassel, RE50 Frankfurt-Hanau-Fulda, RE60 Frankfurt-Darmstadt-Heidelberg/Mannheim und RE70 Frankfurt-Mannheim. Erschreckend die Situation im nordhessischen Neu-Eichenberg, als am Pfingstsonntag ein Zug der Linie RB8 geräumt werden musste.

Die Erkenntnis ist, das Deutsche Eisenbahnwesen wird seit Jahrzehnten auf Reserve gefahren. Die bis heute gegebene mangelnde Bereitschaft von Verantwortlichen aus Verkehrswirtschaft und Politik, Kapazitäten über den täglichen Bedarf hinaus bereitzuhalten, rächt sich in diesen Tagen massiv. Ebenso die Rudimentarisierung von ursprünglichen Zügen mit Waggons auf kleine Zuggarnituren, auf Nahverkehrstriebwagen führen dazu, dass es quasi nicht möglich ist, deutlich höhere Fahrgastzahlen im Schienenpersonennahverkehr abzudecken. Das hausgemachte Problem in Hessen, die Beschaffung der Züge singulär für jede Strecke, für einzelne Linienbündel den Betreibern zu überlassen, so dass eine inkompatible Gemengelage von Schienenfahrzeugen Realität ist, dies geht massiv zu Lasten des Fahrgastes.

Die Situation dürfte jedoch in den nächsten Wochen prekärer werden. Für Großbaustellen wie die Komplettsperrung der Main-Weser-Bahn zwischen Friedberg und Frankfurt vom 09.07.-05.09. haben der RMV und DB Netz nicht die erforderlichen Ersatzkapazitäten geschaffen, die Region Mittelhessen wird quasi abgehängt. Der PRO BAHN Landesverband Hessen fordert die Verantwortlichen der Verkehrswirtschaft hier dringend zum Handeln auf.

Die Menschen haben jedenfalls gezeigt, dass sie das Verkehrsmittel Bahn durchaus zu schätzen wissen, wenn denn ein einfaches und günstiges Ticket- und Fahrpreissystem besteht. Daher muss es kurzfristiges Ziel sein, nach dem 01.09.2022 dies zwischen den verschiedenen Städten und Regionen Deutschlands anzupassen, zu vereinfachen und auch für den Gelegenheitsfahrgast anschaulich zu gestalten. So wird man dauerhaft deutlich mehr Fahrgäste in die Züge und Busse bekommen.

1 Kommentar

  1. Liebe Artikeleinsteller
    Danke für den sehr informativen Artikel.

    Zugräumungen wegen Überfüllung – das ist der SuperGau, wenn es darum geht für den OEPNV zu werben.

    Ich stelle mir das so vor, dass zu Pfingsten rund 90 Prozent eines Zuges auf einer touristischen Route Schnupperleutchen sind; also Menschen, die teilweise seit Jahren nur noch in ihrer eigenen Dreckschleuder sitzen, wenn sie von A nach B wollen.

    Oder genauer: Mitbürger, welche sehr kritisch dem Transportmittel Bus und Bahn gegenüber stehen. Und dann rücken die B…… an und Alle müssen aus dem Zug!

    Katastrophal! Und dann haben von diesen 90 Prozent auch noch die meisten so ein Spielzeug dabei; was sofort rausgeholt wird und die Bilder / Filmchen im Verwanden und Bekanntenkreis verteilt. Folge: Nicht nur die Anwesenden, sondern auch noch andere Informierte werden in ihrem Vor/Urteil bestätigt: den OEPNV kannst du vergessen.

    Das 9-Euro-Lockangebot kostet die Allgemeinheit mehrere Milliarden und die Werbewirkung???? Nach solchen Ereignissen bestimmt gleich Null.

    Deswegen finde ich, dass der Vorfall in Neu-Eichenberg am Pfingstsonntag nicht nur firmenintern untersucht werden sollte, sondern auch ein Fahrgastverband zur Staatsanwaltschaft gehen sollte, damit ermittelt werden kann, wer dafür verantwortlich war. Diese Person muss abgestraft werden. (Bin kein Jurist und kann nicht sagen, welcher Straftatbestand dafür herangezogen werden kann; aber Steuerverschwendung dürfte schon gehen.)