Gelesen im Januar 2022 – Teil 1

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Unter dem Schnee“ von Katrin Burseg ist mein erstes Buch in 2022 und wird sicher eines meiner Jahres-Highlights werden. Es beginnt mit der Trauerfeier für Luise von Schwan, Besitzerin einer Baumschule in einem Dorf nahe Kiel, im Dezember 1978. Die Beisetzung muss verschoben, da plötzlich der Weihnachtsbaum umfällt und der Pastor verletzt wird. Derweilen hat ein Schneesturm eingesetzt, der den Norden Deutschlands ins Chaos stürzt. Der reale, heftige Wintereinbruch damals betraf nicht nur Nord-, Mittel- und Ostdeutschland sondern auch angrenzende Gebieten wie Dänemark, Südschweden und das nördlichen Polen in außergewöhnlichem Ausmaß. Das Land versank im Schnee und der Strom fiel aus. Luises Angehörige, die alte Köchin Isa und eine Journalistin versuchen sich irgendwie im Gutshaus mit den Gegebenheiten zu arrangieren, als eine junge Französin wortwörtlich hereinschneit und behauptet, Luises Tochter zu sein. Wie es dazu kam, wie die Familie nun mit dieser Tatsache umgeht und wie die Geschichte, die kapitelweise wechselnd aus den verschiedenen Perspektiven der beteiligten Personen sehr emotional erzählt wird, ist ganz großes Kino. Familiengeheimnisse verknüpft mit historischen Tatsachen betreffend Krieg, Zwangsarbeit, Vertreibung und Flucht aufgeschlüsselt im Jahrhundertwinter 1978/79.

Weiter mit 2 Krimis und ab nach Schweden:

Sommernachtstod“ von Anders de la Motte, einem für mich neuen skandinavischen Autor. Im ersten Teil seines Jahreszeiten-Quartetts wird auf 2 Zeitebenen vom spurlosen Verschwinden des fünfjährigen Billy im Jahr 1983 und den ergebnislosen Ermittlungen der Polizei erzählt, sowie von der Rückkehr seiner Schwester Vera nach 20 Jahren in das Dorf in Südschweden. Vera arbeitet als Trauertherapeutin in Stockholm und einer ihrer Patienten, Isak, stellte seltsame Fragen und ließ sie vermuten, er sei möglicherweise ihr verschollener Bruder. In ihrem Heimatort, wo man damals sehr schnell einen angeblichen Mörder benannt hatte, obwohl nie eine Leiche gefunden wurde, sticht Vera mit ihren Fragen in ein Wespennest und gerät schließlich selbst in Lebensgefahr. Sehr spannend, kurze Kapitel mit Cliffhangern, die zum Weiterlesen zwingen und ein überraschendes Ende. Von diesem Schriftsteller will ich gerne mehr lesen.

Papierjunge“ von Kristina Ohlsson. – An einem kalten Januartag wird in Stockholm vor einer jüdischen Einrichtung eine Erzieherin erschossen. Später werden 2 Schüler entführt. Man findet sie mit nackten Füßen im Schnee getötet durch Schüsse aus der gleichen Waffe und seltsamen Papiertüten auf den Köpfen. Was hat die wenig bekannte Legende vom Papierjungen, der sich nachts Kinder holt, und ein Agent vom Mossad mit den Verbrechen zu tun? Alex Recht und Fredrika Bergman ermitteln auf Hochtouren. Immer wieder gibt es neue Wendungen, die ausführlich diskutiert werden – hier hätte m.E. die Geschichte etwas gestrafft werden können – und Fredrika reist sogar nach Israel, um dort Spuren nachzugehen. Am Ende haben weder die beteiligten Geheimdienste noch die Polizei den kompletten Überblick, nur wir Leser kennen die ganze Wahrheit. Fesselnde Story, leider mit ein paar Längen und einem ganz besonderen Kniff der Autorin, indem sie schon am Anfang und verstreut über den ganzen Roman Teile des Schlusses erzählt. Lange ist unklar, um wen es dabei geht. Raffiniert! Es ist der 5. Teil der Fredrika-Bergman- Reihe, die erfolgreich als „Stockholm-Reqiem“ verfilmt wurde und im ZDF zu sehen war.