ADFC legt Fahrradstellplatzkonzept vor – 4.500 neue Stellplätze an über 350 Standorten

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Vorschlag für Fahrradbügel in der Fahrradstraße Löberstraße
Einer von mehr als 350 Standortvorschlägen: In der Fahrradstraße Löberstraße sieht das ADFC-Konzept neue Fahrradbügel vor.

5.500 städtische Fahrradstellplätze gibt es im Stadtgebiet, doch das Angebot wurde in den letzten beiden Jahren kaum noch ausgebaut. Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub Gießen (ADFC) fordert daher deutlich mehr Anstrengung von der Stadtverwaltung.

Seit 10 Jahren erhebt der ADFC Gießen jährlich die Anzahl der städtischen Fahrradstellplätze, die rahmenfestes Anschließen zulassen. Zum Jahresende gab es rund 5.500 derartige Stellplätze, wovon über 3.500 in den letzten neun Jahren von der Stadt geschaffen wurden. Die Gießener Zahlen waren viele Jahre beachtlich und konnten problemlos dem Vergleich mit Städten wie Berlin oder Frankfurt standhalten, wo über erfolgreiche Volksbegehren verbindliche, jährliche Zubauraten vorgeschrieben sind. In der Vergangenheit gab es daher stets Lob vom ADFC für den Ausbau des Fahrradparkens, doch damit ist es nun vorbei.
Seitdem die Stadtverordneten im September 2019 beschlossen haben, dass Gießen bis 2035 klimaneutral und der Radverkehr massiv ausgebaut werden solle, tut sich in Gießen nach der Erhebung des ADFC Gießen kaum noch etwas. Während von 2013 bis 2019 jährlich durchschnittlich 444 neue Fahrradstellplätze von der Stadt geschaffen wurden, waren es in den letzten beiden Jahren jährlich nicht einmal halb so viele. Das Gartenamt sorgte in den letzten beiden Jahren zumindest noch an einzelnen Schulen für neue Abstellplätze. Das Tiefbauamt hat hingegen im Straßenraum kaum noch Fahrradbügel aufgestellt. Besonders verwundert ist der ADFC, dass 2020 zwar endlich drei erste Fahrradstraßen eröffnet wurden, in diesen Straßen aber nicht ein einziger Fahrradbügel aufgestellt wurde, so dass nun z.B. vor dem Kaffee Wolkenlos, der Vanilla-Bar, der Bäckerei Siebenkorn, dem JLU-Studierendensekretariat, der Lukasgemeinde sowie an mehreren Arztpraxen immer wieder Fahrräder wild abgestellt werden müssen. Das behindert dann bei den geringen Restgehwegbreiten immer wieder auch Personen, die zu Fuß unterwegs sind sowie radfahrende Kinder, die bis zum 8. Geburtstag die Gehwege nutzen müssen.
Der ADFC Gießen kritisiert das zurückgegangene Engagement der Verwaltung und verweist auf viele Sportstätten, Schulen, Kindergärten und Friedhöfe, wo es noch immer keine oder zu wenig Fahrradstellplätze gebe. Auch an Bushaltestellen sowie vor Geschäften, Gastronomie und in dicht bebauten Wohnquartieren mangele es an Fahrradbügeln im öffentlichen Straßenraum. Beispielsweise war in der Innenstadt in der Weihnachtszeit oft kein freier Fahrradständer mehr zu finden, während viele Parkhäuser oft nicht mal zur Hälfte gefüllt waren.
Der ADFC fordert die Stadt daher auf, beim Thema Fahrradparken nun nachzuholen, was in den letzten beiden Jahren versäumt wurde. Mit Blick auf die Klimaziele der Stadt Gießen haben die Aktiven des ADFCs während der letzten Monate ein eigenes Fahrradparkkonzept für Gießen erstellt und beim Runden Tisch Radverkehr Ende 2021 vorgestellt. Der ADFC setzt dabei vor allem auf viele dezentrale Standorte mit nur wenigen Abstellplätzen. Das Konzept sieht aber auch 580 neue Stellplätze am Bahnhof und 300 weiter Stellplätze am Freibad Ringallee. Insgesamt schlägt der ADFC vor, dass an über 350 Orten mehr als 4.500 neue Stellplätze innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahren geschaffen werden sollen. Nur wenn in diesem Umfang und Tempo gearbeitet werde, könne die Verkehrswende aus Sicht des ADFC gelingen. Da das Land die Abstellplätze zu rund 70% fördert und die Montage der Fahrradbügel auch an Fremdfirmen oder die Stadtwerke vergeben werden kann, lasse sich die große Zahl auch in ein bis zwei Jahren realisieren. „Die Mehrheiten für zügige Maßnahmen zur Radverkehrsförderung sind sowohl in der Stadtverordneten¬versammlung, als auch in der Bevölkerung vorhanden. Jetzt kommt es darauf an, dass die Koalition auch die personellen Ressourcen bereitstellt und konkrete Maßnahmen mit klarem Zeitplan beauftragt. Im bisherigen Bummeltempo wird Gießen bis 2035 nicht klimaneutral“, so Vorstandsmitglied Jan Fleischhauer, der für den ADFC auch im Klimabeirat der Stadt Gießen tätig ist und sich verwundert zeigt, dass die Stadt auch in anderen Sektoren noch immer keine ausreichend ambitionierte Maßnahmen für die schnelle Klimaneutralität auf den Weg bringt.
Alle ADFC-Vorschläge findet sich unter folgendem Link:
https://www.adfc-giessen.de/Stellplatzkonzept-Giessen-2022