Inklusion ist eine Frage des politischen Willens – Kerstin Gromes besucht die Werkstatt Lollar der Lebenshilfe Gießen

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Kerstin Gromes beim Mangeln von Wäsche in der Werkstatt Lollar. Besonders Seniorenheime nehmen die Dienste der Wäscherei in Anspruch.

Lollar (-). Kerstin Gromes, Kandidatin der Grünen für das Amt der Landrätin, ist in diesen Wochen viel unterwegs. Kurz vor der Wahl besuchte sie auch die Werkstatt Lollar, eine von sechs Werkstätten der Lebenshilfe Gießen. Um einen realistischen Einblick in die Arbeit von Werkstätten für Menschen mit Behinderung zu erhalten, nahm sie sich einen Tag Zeit. Im Mittelpunkt des Besuchs stand der Kontakt zu den Mitarbeiter*innen vor Ort. In der Werkstatt Lollar arbeiten 143 Personen mit sogenannten geistigen und psychischen Beeinträchtigungen. Gromes zeigte sich beeindruckt von der Arbeitsatmosphäre: „Ich habe eine hohe Identifikation der Menschen mit ihrer Arbeit erlebt. Jeder wollte mir zeigen, woran er oder sie arbeitet. Ich bin sofort einbezogen worden. Die Mitarbeiter*innen der Wäscherei haben mir gezeigt, wie Wäschestücke gemangelt werden.“

Nach getaner Arbeit (v.l.n.r.): Kerstin Gromes, die Wäscherei-Mitarbeiterinnen Eva Hassani und Lena Breunung sowie Werkstattleiterin Janna Rhiel vor der Hochleistungsmangel.

Nach dem Rundgang durch die Werkstatt Lollar mit Besuch der Wäscherei und einer Montage-Gruppe, in der u. a. Werkstücke im Auftrag der Firmen Tucker, Bosch und Schunk montiert werden, traf sich Gromes mit den Werkstatträten Klaus-Jürgen Heerth und Matthias Fay sowie der Frauenbeauftragten Anna-Lena Weinreich.

Janna Rhiel, seit Mai 2020 Leiterin der Werkstatt Lollar und stellvertretende Leiterin des Bereichs Arbeit und Bildung bei der Lebenshilfe, betrachtet es als ihre elementare Aufgabe, den Mitarbeiter*innen der Werkstätten größtmögliche Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen: „Der Werkstattrat und die Frauenbeauftragten sind an jedem Bewerbungsverfahren beteiligt. Das heißt, sie entscheiden mit, welche Personen zum Beispiel als Gruppenleitung oder Sozialdienst-Leitung in ihrer Werkstatt eingestellt werden.“ Anna-Lena Weinreich, seit 2015 Mitarbeiterin der Werkstatt Lollar und Frauenbeauftragte, fühlt sich gut eingebunden: „Gerade bei Bewerbungen ist ja das Bauchgefühl entscheidend. Wenn wir als Mitarbeiter*innen das Gefühl haben, dass ein Bewerber sich nur mit dem Personal unterhält und uns nicht wahrnimmt, dann gefällt uns das nicht. Das sagen wir und wir werden mit unserer Meinung gehört.“ Auch Gromes nahm die positive Mischung aus sozialem Miteinander und Verbundenheit mit dem Betrieb wahr: „Für mich wurde sehr deutlich spürbar, dass sich die Mitarbeiter*innen ernstgenommen fühlen. Jede einzelne Person ist ein wichtiger Teil des Werkstatt-Teams.“

Gromes traf sich im Laufe des Tages auch mit Petra Emin, Leiterin des Fachdienstes Berufliche Integration. Emin und ihr Team setzt sich seit 26 Jahren bei der Lebenshilfe Gießen dafür ein, dass die Arbeitswelt inklusiver wird. Entscheidend sei hier, aufzuklären, Ängste abzubauen und politischen Willen für Inklusion zu zeigen. Aktuell begleitet der Fachdienst Berufliche Integration rund 70 Personen, die außerhalb der Werkstatt arbeiten: „Wenn wir Menschen mit Behinderung aus der Werkstatt in einen Betrieb des ersten Arbeitsmarkts vermitteln, dann wissen wir, dass diese Person hochmotiviert ist und den Schritt schaffen will.“ Axel von Weyhe ist einer von ihnen. Er arbeitet in einem betriebsintegrierten Beschäftigungsverhältnis im Stadttheater Gießen. Wegen Corona arbeitet er im Moment wieder in der Werkstatt Lollar. „Ich freue mich sehr darauf, dass der Spielbetrieb bald wieder losgeht. Dann kann ich wieder die Türen des Stadttheaters öffnen und die Gäste begrüßen. Im Stadttheater fühle ich mich sehr wohl“, berichtete von Weyhe beim Gespräch mit Gromes.

Dirk Oßwald, Vorstand der Lebenshilfe Gießen, bekräftigte beim Abschlussgespräch mit Kerstin Gromes: „Jeder kann mehr machen als er denkt. Entscheidend ist der politische Wille. Die zentrale Frage ist doch: Ist mir Inklusion gesellschaftlich wichtig oder nicht?“

Gromes steht als Landratskandidatin der Grünen ganz klar für eine offene Gesellschaft, in der auch Menschen für Behinderung ihren Platz haben. Den Auftrag der Lebenshilfe, dass die öffentlichen Verwaltungen mit gutem Beispiel vorangehen und Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung schaffen, nahm sie mit und betonte: „Betriebsintegrierte Beschäftigungsverhältnisse sollten auch in der Kreisverwaltung ermöglicht werden.“

Lebenshilfe Gießen
Die Lebenshilfe Gießen e.V. ist ein gemeinnütziges Unternehmen und begleitet über 3000 Menschen mit und ohne Behinderung in ein selbstbestimmtes Leben.