Das Haus am Meer

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Ich sitze im Strandkorb, schaue auf die Ostsee und denke an die Jahre, die unser Haus erlebt hat. Was war es einmal mit Leben erfüllt. Im Sommer traf sich die ganze Familie um die Ferien gemeinsam zu verbringen. Jung und Alt, alle unter einem Dach. Wir waren immer gerne bei den Großeltern, die dort an diesem wunderbaren Fleckchen Erde ihr ganzes Leben verbrachten. Mit den anderen Männern fuhr mein Opa mit dem Boot zum Fischfang. Oma konnte in ihrem alten Backsteinofen herrliche Brote und Kuchen backen, es roch morgens bis hinauf in unsere Zimmer. Wir waren in der Sommerzeit schon sehr viele Kinder, die am Strand im Wasser spielten. Einige der Bewohner des Dorfes vermieteten Zimmer und so kamen auch Familien die sich die preiswerten Zimmer leisten konnten. Wer noch nicht schwimmen konnte, lernte es von den Größeren es war viel los in dieser Zeit. Sobald es dunkel wurde, packten wir alle unsere Laternen aus, steckten die Kerzen an und los ging es zu einem Strandspaziergang. Das Meer schlug immer im gleichen Takt seine Wellen und wir freuten uns noch nicht ins Bett zu müssen. Bei Regenwetter saßen wir alle in dem großen Zimmer und hörten am Abend die Geschichten die die Großeltern zu erzählen wussten. Natürlich waren auch ein paar Märchen aus dem Norden dabei, die für uns schaurig schön waren. Es waren schon wunderbare Wochen, immer draußen sein zu sein. Oft packten wir ein paar Sachen zusammen um am Strand ein Picknick zu veranstalten. Wir mussten aufpassen, dass sich die Möwen im Sturzflug nicht das holten was wir gerade in der Hand hielten. Wir alle brachen in lautes Lachen aus, wenn sich so eine Möwe den Kuchen oder das Brot holte, hatten wir doch alle gelernt zu teilen. In den Osterferien durften wir auch in das Haus am Meer. Was hatten wir eine Freude beim Eiersuchen. Die schönen Farben erkannte man im Sand und hatten daher schnell Beute gemacht. Die Zeit verging, alle wurden größer und jeder ging seiner Wege. Die Großeltern leben schon lange nicht mehr, heute ist das Leben in diesem kleinen Paradies ein ganz anderes. Im Strandkorb sitzend seinen Gedanken nachgehen, das Meer und die Möwen beobachten, oder ein Buch lesen, Gespräche mit dem Partner. Mit dem Alter wird das Leben ruhiger, die Bedürfnisse ändern sich. Was aber über all die Jahre geblieben ist, diese Weite des Meeres und das einfache Leben. Laut und Luxus gehört in die Stadt, aber hier auf diesem wunderbaren Fleckchen Erde wird es hoffentlich weiterhin so bleiben wie zu meiner Kindheit.

Ich mag das “Blaue Haus” sehr. Es ist eine Strandvilla im Naturschutzgebiet Graswader, und wurde um 1900 erbaut. Das Haus, wir besuchen es wenigstens einmal im Jahr, brachte mich dazu diese Geschichte zu schreiben.  Die Aufnahme machte ich am 13.4.2021.

Christine Stapf
Seit 1972 in Gießen. Fotografiere, rolle mit meinem Rollstuhl gerne durch die Wälder, die Natur. Dort macht man die besten Aufnahmen. Seit 2011 Bürgerreporterin bei der GZ.

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