Zeit Für Ego-Shooter

233
[]

Zeit der Ego-Shooter – Kandidatengerangel in der Union

Auch ich erlag vorübergehend dem brutalen Charme von Markus Söder in Pandemiezeiten. Irgendwie scheint in unser aller Mentalität einfach eine Sehnsucht nach dem ‘starken Mann’ zu existieren.

Leider steht sie in engster Verwandtschaft zur Hoffnung auf schnelle und einfache Lösungen für komplizierte auch komplexe Probleme. Das ist naiv. Die Realität lehrt uns täglich, dass es diese Option nicht gibt. Schaut man auf das derzeitige Spektakel des Kampfes um die Kanzlerkanditatur wird deutlich, dass die spätmoderne Gesellschaft nicht nur eine der Individualisierung ist, sondern dass sie darüber hinaus zwangsläufig auch den Trend zur Selbstdarstellung, zu Egoismus und Narzissmus fördert. Der Paradigmenwechsel hat längst stattgefunden. Die alte 3-Klassen-Gesellschaft existiert nur noch in den Köpfen, ist längst abgelöst durch die Herausbildung neuer Klassen als Folge postindustrieller Ökonomie.

Das Zeitalter der ‘nivellierten Mittelstandstansgesellschaft’ ist spätestens seit den Neunzigern vorbei. Ihr Kennzeichen war das Streben nach Normalität, nach Durchschnitt, nach dem ‘so sein wie alle’. Kennzeichen der Postmoderne ist das Lebensziel, etwas Besonderes zu sein. Es dominiert nun der Wunsch, sich abzuheben, das eigene Leben als besondere Erfolgsgeschichte zu inszenieren. Wie sonst ließe sich der Megatrend zur Selbstdarstellung in allen Medien erklären? Wie das Phänomen, dass aus der Scheu vor dem öffentlichen Auftritt die Sehnsucht nach genau diesem Kick wurde? So wurde unsere Welt fast unvermeidbar zur Bühne der Ego-Shooter.

Damit zurück zu Markus Söder und seinem am stärksten ausgeprägten Charakterzug: unbedingter Machtwille. Er ist gepaart mit einem nahezu überzeugenden Talent zur Selbstinszenierung. Ausgeblendet werden von ihm und seinem ‘Publikum’ mühelos sein ehemaliger Kuschelkurs nach rechts, um die AfD auszuhebeln (Asyltourismus), der Absturz der CSU bei der letzten Bundestagswahl (-10,5%), seine wenig überzeugende Leistung bei der Bekämpfung der Pandemie im Bundesland Bayern, der `Maskenskandal um einen seiner ehemals engen Vertrauten Sauter.

Es kümmert ihn aktuell auch nicht seine öffentliche Ansage, sich den Entscheidungsgremien der großen Schwester CDU zu beugen. Einfach schnell Schwamm drüber. Armer Laschet. Seine brutal schnelle Demontage (fast eine Hinrichtung) in der deutschen Öffentlichkeit muss man skandalös nennen. Sei’ s drum. SPD und Grüne sollten vom Gerangel profitieren. Dann hätte es letztlich was Gutes.