Tage der Stille in Leer/Ostfriesland und auf der Nordseeinsel Baltrum verbracht

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Der Einladung von Dekan Norbert Heide, „Ostfriesische Tage in Leer und auf Baltrum“ zu verbringen, folgten 40 Personen, die „reif für die Insel“ waren.

Mit einem komfortablen Reisebus der Firma Jakobs aus Großheide fuhren die Teilnehmer*innen nach Leer. Das Domizil für zwei Nächte war der „Ostfriesen Hof“ mit köstlicher Verpflegung und schönen Zimmern.

Durch ihren Seehafen war die an Ems und Leda gelegene Stadt über Jahrhunderte vom Handel und der Schifffahrt geprägt. Sie entwickelte sich zu einem der größten deutschen Reederei-Standorte. Die dritt größte Stadt nach Emden und Aurich bezeichnet sich als Tor Ostfrieslands. Die Stadt mit ihrem Museumshafen, dem imposanten Rathaus, der langen Einkaufsstraße, den vielen kleinen Cafés und der beeindruckenden Jann-Berghaus-Brücke über der Ems, die ursprünglich eine Drehbrücke war, und seit 1991 als neue Klappbrücke errichtet wurde, lud zum Erkunden ein. Da die Schiffe, die in der Meyer-Werft gebaut werden und in die Nordsee überführt werden zu breit für die Brücke waren, musste diese wieder verbreitert werden. Eine Führung durch die vielen alten Kirchen mit Stadtführer Bernd Boelsen war sehr interessant und kurzweilig. Bei der Teestunde im Bünting Tee Museum wurde alles rund um den Tee berichtet – Geschichte, Anbau und Herstellung. Die Abende auf der hoteleigenen Kegelbahn brachten den Teilnehmern viel Spaß und auch ungeübte Kegler*innen konnten sich über „Alle Neune“ freuen.

Nach zwei Tagen fuhren die Teilnehmer*innen mit dem Bus Richtung Neßmersiel. Hier war wegen einer Sturmflut der Hafen gesperrt und die Fähre konnte erst nach drei Stunden Wartezeit nach Baltrum übersetzen. Nachdem das Gepäck in Containern verstaut war, erreichte man nach ca. 30 Minuten – vorbei an den Seehundsbänken – Baltrum, mit einer Fläche von 1,5 x 5 km die kleinste der ostfriesischen Inseln. Baltrumer gibt es auf der Insel ganze 500. Hier gibt es keine Autos – alles ist zu Fuß oder per Fahrrad erreichbar. Das Domizil des 6-tägigen Aufenthaltes war das christliche Gästehaus „Sonnenhütte“, welches schon die „Wahl-Insulaner“ mit leckerem, abwechslungsreichem Essen verwöhnte, in den gemütlichen Zimmern konnte man gut relaxen und der Aufenthaltsraum lud zu Spieleabenden ein.

Das älteste Haus Baltrums, die Alte Inselkirche mit der Inselglocke – dem Baltrumer Wahrzeichen – stammt aus dem Jahr 1826. Sie läutet normalerweise zu den Abendandachten und als Hochzeitsglocke, wenn sich in der romantischen Inselkirche ein Brautpaar das Versprechen fürs Leben gibt.

In der Evangelischen Kirche von 1930 konnte man die täglichen Andachten – eine sogar auf plattdeutsch – besuchen und die reetgedeckte katholische Kirche mit ihrem großen Innenhof besichtigen.

Die höchste Erhebung von Baltrum ist eine in der Inselmitte befindliche Aussichtsdüne mit 19,3 m über NN. Der besiedelte Teil im Nordwesten besteht aus dem „Westdorf“ mit Geschäften und Restaurants, dem Rathaus, den Kureinrichtungen und allen drei Kirchen, dem „Ostdorf“ – geschützt zwischen den Dünen – mit seinen Gärten und dem ruhigen „Alten Ostdorf“, wo noch einige der ursprünglichen Insulanerhäuser stehen. Baltrum hat einen Fährhafen und einen kleinen Flugplatz.

Bei einer Kutschfahrt wurde die Insel erklärt. Interessant ist auch die Müllabfuhr – der Müll wird mit Pferdekutschen eingesammelt – auch Umzüge erfolgen zunächst per Pferd und Baumaterial muss mühsam von der Fähre zum Bauobjekt transportiert werden.

Im Heimatmuseum „Altes Zollhaus“ konnte die Entwicklung der Fähr-Schifffahrt betrachtet werden. Der Tourismus mit seinen kleinsten Anfängen – erst seit Beginn des 20. Jahrhunderts kommen Gäste hierher – ist heute Existenzgrundlage der Baltrumer. Wie haben die Baltrumer in früheren Zeiten gelebt? Das Meer gestaltet die Lebensbedingungen, die Gezeiten und die Verbindung zum Festland bestimmen den Tagesablauf. Ein Fundstück – eine Zigarrenkiste – beinhaltet ein tragisches Schicksal: Ein 21-jähriger Seefahrtsschüler kam am 23. Dezember 1866, als er zum Weihnachtsfest seine Eltern besuchen wollte, auf einer Sandbank vor Baltrum bei steigender Flut ums Leben. Er schrieb ihnen noch einen letzten Gruß. Das Notizbuch legte er in eine Zigarrenkiste, die er mit seinem Taschentuch umwickelte. Sie trieb am 3. Januar 1867 am Wangerooger Strand an. Auf der Insel befindet sich ein Denkmal in Erinnerung an das Unglück.

Bei langen Strandspaziergängen konnte man die Seele baumeln lassen, Wellen und Möwen beobachten, Muscheln sammeln und einfach die Ruhe genießen. Wanderungen durch die abwechslungsreiche Dünenlandschaft und eine Inselumrundung trugen bei der faszinierenden Stille zur Entspannung bei. Ein Dünenrundgang mit der Rangerin Annette Müller brachte den Wahl-Insulanern die Pflanzen und Tiere des Weltkulturerbes Nationalpark Wattenmeer näher.

Sanddorn wächst überall auf der Insel in Sträuchern von ein bis drei Metern Höhe und hält mit seinem tief reichenden Wurzelwerk die Dünen fest. Die orangenen Früchte haben einen sehr hohen Vitamin C-Gehalt, stärken Immunsystem und Kreislauf. Die Baltrumer machen daraus Saft und Marmelade, aber am liebsten Likör.

Die täglichen Abendimpulse von Dekan Heide, der Besuch der Inselbühne mit „Tante Wanda’s Auferstehung“, ein Religions-Quiz, Bingo, An der Arche um Acht – eine bezaubernde Geschichte – und als Abschluss die Vernissage „Meer und Mehr“ waren sehr unterhaltsam und brachten allen Teilnehmern viel Spaß und gute Laune. Nach sechs Tagen auf der Insel setzte die Fähre dieses Mal pünktlich nach Neßmersiel über. Auch hier lagen wieder hunderte Robben auf den Sandbänken.
Alles in allem eine rundum gelungene Woche auf der Insel, um vom Alltag abzuschalten und die Natur zu genießen. Ein großes Dankeschön an Pfarrer Norbert Heide für die perfekte Organisation der Reise sowie an Busfahrer Gerrit für das umsichtige Fahren und seine Frau Sigrid für den tollen Service im Reisebus.