Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat vorgeschlagen, dass die Babyboomer bei Eintritt in den Ruhestand eine Sonderabgabe, den sogenannten „Boomer-Soli“, zahlen sollen. Geplant ist ein Freibetrag zwischen 900 und 1050 Euro, sämtliche Einkünfte darüber hinaus sollen mit dieser Sonderabgabe belegt werden.
Hierzu einige Fakten: Grundsicherungsempfänger erhalten derzeit 563 Euro monatlich und zusätzlich die Kosten für Miete und Nebenkosten erstattet. Im Ergebnis beläuft sich die Grundsicherung durchschnittlich auf etwa 1600 Euro, zuzüglich diverser weiterer Zuschüsse. Künftig sollen jedoch Rentner bereits ab einem Ruhestandseinkommen von etwa 1000 Euro eine Sonderabgabe zahlen, wodurch ihnen im Zweifel weniger Mittel zur Verfügung stehen könnten als Grundsicherungsempfängern. Konsequent zu Ende gedacht, würde dieser Sonderbeitrag auch jene Rentner treffen, die selbst Grundsicherung beziehen oder auf soziale Zuschüsse angewiesen sind.
Die Babyboomer-Generation hat in den vergangenen Jahrzehnten einen großen Beitrag zum wirtschaftlichen Aufbau Deutschlands geleistet. Sie sind im Durchschnitt deutlich früher ins Erwerbsleben eingetreten als die heutige junge Generation. Viele Boomer haben nach dem Haupt- oder Realschulabschluss eine Ausbildung begonnen und bereits vor Erreichen der Volljährigkeit Geld verdient und Steuern bezahlt. Sie haben Abermillionen Überstunden geleistet, jahrzehntelang in die Rentenkassen eingezahlt und entscheidend zum Aufbau von Infrastruktur und Wirtschaft beigetragen. Viele Boomer haben 18 Monate Wehrdienst geleistet oder im sozialen Bereich für einen geringen Lohn, Dienst an der Gesellschaft geleistet. Sie haben Familien gegründet und Kinder erzogen, in einer Zeit, in der die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wesentlich schwieriger war als heute. Zudem haben sie durch ihr Beitrags- und Steueraufkommen zur Finanzierung des heutigen Sozialstaats erheblich beigetragen und tragen weiterhin durch Konsum, ehrenamtliches Engagement und Familienhilfe zur Stabilität der Gesellschaft bei.
Diese Generation nun zusätzlich finanziell zu belasten, während systemische Probleme nicht angegangen werden, ist nicht nur ungerecht, sondern auch wirtschaftlich kurzsichtig. Es zeigt sich erneut der Versuch, Bürgerinnen und Bürger, die jahrzehntelang zum Gemeinwohl beigetragen haben, als Belastung darzustellen und sie finanziell zu melken. Gleichzeitig fällt die versprochene Entlastung der Stromkosten für Privathaushalte und Rentner aus, wodurch weiterhin überzogene finanzielle Beiträge aus der Bevölkerung abgezogen werden, während große Konzerne von Subventionen und steuerlichen Vorteilen profitieren.
Immer wieder wird die Rente mit 70 gefordert, während gleichzeitig Rentner durch geringe Renten oder steigende Kosten gezwungen sind, im Ruhestand weiterzuarbeiten. Dies wurde jetzt sogar versüßt. Das Vertrauen in die Politik wird durch solche Vorschläge weiter erschüttert, da erkennbar wird, dass es nicht um eine faire Gestaltung des Sozialstaates oder um die Sicherung der Bundesrepublik Deutschland geht, sondern um die Umverteilung von Mitteln in Richtung großer Konzerne und wohlhabender Interessengruppen.
Es ist richtig, dass viele Menschen, insbesondere Rentnerinnen und Rentner, in Armut leben, teilweise trotz Arbeit. Alleinerziehende sind oft von Armut betroffen, weil eine ausreichende Unterstützung fehlt, um eine Erwerbstätigkeit in vollem Umfang auszuüben. Das Gesundheitssystem wird zunehmend schlechter, das Sozialsystem verliert an Substanz, während regelmäßig neue Schulden von hunderten Milliarden aufgenommen werden, ohne dass erkennbar ist, wie diese Gelder zur Verbesserung der Lebensverhältnisse eingesetzt werden.
Von politischer Seite wird stets betont, man könne jeden Euro nur einmal ausgeben. Doch genau jene, die diese Worte verwenden, sind oftmals bereit, erhebliche Mittel für Subventionen zugunsten großer Konzerne oder zur Befriedigung von Lobbyinteressen bereitzustellen, während die breite Bevölkerung mit symbolischen „Krümeln“ abgespeist wird.
Es ist daher weltfremd, eine Sonderabgabe für eine Generation zu fordern, die in der Vergangenheit in hohem Maße zum Wohlstand dieses Landes beigetragen hat und dies noch immer tut. Wer ernsthaft glaubt, durch eine zusätzliche Belastung der Babyboomer die strukturellen Probleme des Sozial- und Rentensystems lösen zu können, verschließt die Augen vor der Realität. Die Diskussion um den sogenannten „Boomer-Soli“ verdeutlicht einmal mehr, dass eine grundlegende Reform der Sozial- und Finanzpolitik erforderlich ist, um die Lasten gerecht zu verteilen und die Zukunftsfähigkeit unseres Landes zu sichern, anstatt Generationen gegeneinander auszuspielen.





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