Alle Jahre wieder… der kommunale Haushalt

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Zum Ende des Jahres werden die ehrenamtlichen Politiker der Gemeinden immer hektisch. Der Haushalt steht an.
Nach fast einem halben Jahr Vorbereitung durch die Verwaltung und den Magistrat wird das viele hundert Seiten lange Konstrukt der Öffentlichkeit in der Stadtverordnetenversammlung (Stavo) vorgestellt.

Traditionell nutzen die Bürgermeister diesen Anlass, um je nach Haushaltslage freudestrahlend die anstehenden Investitionen zu verkünden oder das Defizit zu rechtfertigen. Erwartet wird vom Bürgermeister, dass er die Grundzüge des Haushalts für das neue Jahr vorstellt und die Schwerpunkte seiner Verwaltung heraushebt. Mehr oder weniger ist es auch eine Art Werbeveranstaltung, denn die Parlamentarier sollen ja überzeugt werden, dass das Zahlenwerk durchdacht und sinnvoll ist.
Das gelingt dem einen besser und dem anderen eher nicht so gut. Es kommt halt auf die Persönlichkeit an.

Dann geht es für die Fraktionen an die Arbeit. Zunächst ist das ganze Zahlenwerk zu verstehen und analysieren. Wer das zum ersten Mal macht, braucht da schon etwas Anleitung. Die Kollegen der Finanzverwaltung stehen immer für Nachfragen oder gar für die Teilnahme an den Haushaltsklausuren zur Verfügung. Dann müssen sich die Stadtverordneten fragen, ob sie diese oder jene Maßnahme gutheißen oder nicht. Sind die Projekte, die uns am Herzen liegen berücksichtigt; wenn nein, warum nicht? Welche Maßnahmen müssen noch dringend für das kommende Jahr vorbereitet werden. Kann man hier oder da noch Geld sparen? Muss an dieser Stelle nicht mehr Geld verplant werden?

Das mündet dann in verschiedensten Änderungs- oder Ergänzungsanträgen, die dann nach uns nach, wenn die gesamte Stavo zustimmt, in den Haushalt eingearbeitet werden.
Es gibt Fraktionen, in der das professionell und geräuschlos von statten geht.

Es gibt aber auch eine besondere Form von Fraktionsvorsitzenden, die sich nicht nehmen lassen, einen Haushalt, der gerade mal in ganz groben Formen vorgestellt wurde, in der Presse zu kommentieren und die eigenen Anträge noch bevor die Stavo darüber entschieden hat, zu bewerben.
Das wird dann auch noch garniert mit einem überschwänglichen Lob an den selbst zu Amt und Würden verholfenen Bürgermeister, der ja so »der mit dem Blick des Profis die Zahlen im Griff habe«.

Die Zahlen im Blick haben die fleißigen Kollegen der kommunalen Finanzverwaltung.
Die Maßnahmen geplant und in das Zahlenwerk übertragen haben die ebenso fleißigen Kollegen der Fachabteilungen.
Für die finanziellen Rahmenbedingen kann der Bürgermeister sowohl im negativen wie im positiven Sinne nichts. Das Lob an eine einzelne Person, die lediglich das Vorrecht hat, den Haushalt vorzustellen und zu verantworten, ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die sich den Hintern an diesem komplizierten Konstrukt aufgerissen haben. Es ist auch eine etwas verfrühte Werbemaßnahme. Schließlich wird er sich erst in einigen Jahren um die Wiederwahl bemühen.

Dazu kommt, dass genau diese Fraktionsvorsitzenden (wahrscheinlich im jährlicher Tradition) deren regelmäßig zu Recht (!) zurückgewiesenen Anträge wieder hervor kramen und nochmal im Haushalt unterbringen wollen. Das kann man entweder dreist oder verwegen oder dumm nennen. Das bleibt dem eigenen Geschmack überlassen.

Die Anträge werden absehbar wieder abgelehnt werden und der Fraktionsvorsitzende wird sich an gleicher Stelle am Mikro oder später in der Presse wieder über die bösen bösen „Anderen“ beschweren. Es ist vorhersehbar. Man fragt sich lediglich, warum dieses Treiben von der gesamten Fraktion mitgetragen wird.

Seien wir gespannt auf die weiteren Sitzungen der Stavo und was die Fraktionen noch so aus dem Hut zaubern und wie es geschafft wird, das Ergebnis eines handwerklich soliden jedoch uninspirierten Haushalts doch noch in die negative Million zu treiben.

1 Kommentar

  1. Herr Morgenstern ich habe Ihren Artikel leider erst jetzt gelesen.

    Die von Ihnen angesprochenen Abläufe in den hessischen Kommunalparlamenten zur Haushaltsplanung bzw. -verabschiedung sind nach meinem Eindruck nur bedingt korrekt wieder gegeben.

    “Nicht korrekt”, aber nicht in dem Sinne, dass die von Ihnen angegebenen Schilderungen falsch wären, sondern weil anderer Aspekte nicht in Ihr Blickfeld geraden sind.

    Vor allen Dingen die sehr enge Verbindung vom menschlichen Verhalten zu den gegebenen Möglichkeiten.

    Mir sind keine genauen Zahlen bekannt, aber ich schätze, dass über 95 Prozent (gemessen am Geld) eines aufzustellenden Haushaltes durch gesetzliche Bestimmungen vorgegeben sind.

    Sei es für die Kosten der zwingend zu erbringenden Massnahmen für die diversen “öffentlichen Daseinsvorsorgen” (Strom, Wasser, Feuerwehr, …. etc., aber auch für weitere Aufgaben, welche zwar von höheren Ebenen den Lokalen auf die Nase gedrückt wurden und werden, aber die das nicht kostendeckend bezahlen), aber auch den über viele Jahre verpflichtende Personalplan und der auch oft über Jahre gehende Investitionsplan.

    Da aber jede Verwaltung und natürlich auch die von der lokalen Bevölkerung gewählten Volksvertreter zumindest ab und an nachweisen müssen, dass sie etwas tun (kosten den lokalen Steuerzahler ja wegen deren hohen Kosten wirklich genug), verbleiben die knapp 5 Prozent um “eigene Akzente zu setzen”.

    Inhaltlich ist das werbegeile Gehansel selten gerechtfertigt (da es vielen Menschen egal ist, ob “behindertengerechten Eingang” zu …… links oder rechts vom betreffenden Gebäude ist); aber welcher Mensch möchte schon gerne lediglich als ausführendes Organ (um nicht zu sagen Hampelmann) einer kaum durchschaubaren Struktur gelten? Dann wird eben mal schnell aus eine Mücke ein Elefant.

    Anstatt, dass aber die Volksvertreter über alle Fraktionsgrenzen sich einmal darauf verständigen, dass endlich mehr Geld aus Landes- bzw. Bundesebenen in die kommenuale Ebene fliessen muss, wird der vermeintlich leichtere Weg beschritten mit der “5-Prozent-Manövriermasse” in der Sicht der eigenen Fraktion Politik zu machen.

    Die vorhandene Unzufriedenheit in breiten Kreisen der Bevölkerung gegenüber den mehr oder weniger handelnden Fraktionen in den Lokalparlamenten ist meiner Meinung nach voll berechtigt. Zumindest wenn hinter den einzelen Fraktionen überregional organisierte Parteien stehen, denn die Mitbürger können ja die jeweiligen “Versager” – Zusammenschlüsse auf Landes-, Bundes- und Europaebene zusammen zählen.

    Etwas Abhilfe verspreche ich mir, wenn wieder mehr parteiungebundene Wählergruppen in die Lokalparlamente einziehen (das heisst gewählt) werden. Nicht nur, dass damit öfters lokaler Sachverstand einzieht, sondern deswegen, weil dort offen die Landes- und Bundesebene aufgefordert werden können, Ihre im Grundgesetz verankerten Verpflichtung der ausreichenden Finanzierung der lokalen Ebene nachzukommen. (Genau das ist von Parteifraktionen – egal welcher Richtung – nicht zu erwarten, denn die “Hauptmacker” dieser Fraktionen sind auf noch besser bezahlten Volksvertreterjobs auf Landkreis-, Landes- und Bundesebene scharf.)