A Keller Christmas Talent Show

Premiere zu "Schmidt Happens" in der Kleinen Bühne

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Als Mensch mit chronischer Anpassungsstörung hat man es dieser Tage wieder schwer. Gerade ist die Spooky Season vorbei, da wirft das Weihnachtsfest nicht nur in den Konsumtempeln seine besinnlichen Schatten voraus. Doch selbst wer wie der Autor dieser Zeilen im Brustton der Überzeugung predigen mag, dass die Weihnachtszeit nicht vor Thanksgiving eingeläutet werden sollte (sofern man in hiesigen Breitengraden die nordamerikanische Tradition intus hat), beginnen die Vorbereitungen natürlich schon lange davor.

So auch beim altehrwürdigen Keller Theatre, das sich für die most wonderful time of the year diesmal etwas ganz Besonderes hat einfallen lassen. Alle Jahre wieder begegnen sie uns, die etablierten Klassiker und damit einhergehenden Bräuche, und wer seine verlässliche Dosis Charles Dickens unterm Christbaum braucht, ist beim Winterstück 25/26 zwar nicht komplett an der falschen Adresse (so viel sei vorweggenommen), doch Regisseur Martin P. Koob und sein Ensemble gehen mit „Schmidt Happens“ lustvoll den unkonventionellen Weg und machen aus der Not der Schwierigkeiten, ein Weihnachtsstück auf die Beine zu stellen, das nicht abgeschmackt oder cheesy daherkommt, eine Tugend, indem sie den Prozess der Planung selbst zur Basis des Konzepts machen. Will heißen: die Zuschauer*innen sind in den Ablauf mit eingebunden – wohin der Abend führen wird, ist in vielerlei Hinsicht offen.

Im Stile einer Christmas Talent Show wird dem Publikum ein bunter Blumenstrauß an Show-Elementen geboten, an dem vielleicht sogar Ebenezer Scrooge seine diebische Freude hätte – wenn er es auch hinter vorgehaltener Hutkrempe zu verbergen versuchen würde. Der Medley-Charakter der Aufführung dient dem Geist der Weihnacht und schweißt ganz ohne ausgefeiltes Skript zusammen – so kann vielleicht jeder sein persönliches Präsent entpacken. Von der Hauptbühne bis zum Ende des Steges, der in den Zuschauerraum hineinragt, ist alles handgemacht – es sollen keine Mikrofone oder Verstärkereffekte zum Einsatz kommen. Andreas Oehlert, die eine Hälfte der Bruce Brothers und langjähriges Keller-Mitglied, hat es sich nicht nehmen lassen, zum ersten Mal seit 30 Jahren die Gitarre in die Hand zu nehmen. Und Aliye Inceöz, die im Chor unter der Woche eher im Dur-Bereich unterwegs ist, schlägt hier – auch zur eigenen Überraschung – mal tiefere, verruchtere Töne an. Zu sehen gibt es das etwas andere Weihnachtsstück im Impro-Gewand ab nächster Woche Freitag, den 21. November, wenn die Premiere in der Kleinen Bühne steigt. Weitere Spielzeiten: 22. und 28 November sowie 05., 06., 12. und 18. Dezember.