Heiß diskutiert wird derzeit, ob der Wehrdienst wieder verpflichtend werden soll, ob es ein soziales Pflichtjahr geben sollte und ob all das richtig und fair ist. Für Menschen, die sich für dieses Thema interessieren, ist es wichtig, sich vielseitig zu informieren. Lebt man in einer Blase, hat man sich eine Umgebung geschaffen, die einen von anderen oder gar unbequemen Meinungen weitgehend isoliert. Die eigene Haltung kann so schnell weltfremd werden. Doch bei den Lesern dieses Artikels bin ich zuversichtlich, dass sie sich mehr als eine Meinung zu Gemüte führen. Dieser Artikel, das nehme ich vorweg, ist ein Plädoyer für einen verpflichtenden Dienst.
Wo stehen wir?
Unsere Sicherheitslage ist derzeit angespannt, und die Kriegsgefahr scheint zu steigen. Das BBK (Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe) warnt vor einer zunehmend kritischen Lage, die durch hybride Angriffe untermauert wird. Das BBK selbst ist kein Alarmist, dort arbeiten Menschen, die sich mit solchen Gefahrenlagen auskennen und sich beruflich damit beschäftigen. Auch im sozialen Bereich, ich knüpfe hier teilweise an meinen letzten Artikel vom 19.10.25 an, wird die Lage ebenfalls zunehmend kritisch. In Krankenhäusern, Pflegeheimen, Kindertagesstätten, Schulen, im Bevölkerungsschutz und in anderen sozialen Einrichtungen fehlt es massiv an unterstützendem Personal.
Die Generationen Z und Alpha sind jene, die als Nächste von der Wehrpflicht oder einem verpflichtenden sozialen Dienst betroffen wären. Nun ja, wie soll ich es ausdrücken? Es würde ihnen in mehrfacher Hinsicht nicht schaden, sich ein Jahr lang sozial zu engagieren. Schon ihre soziale „Blase“, entstanden durch soziale Medien, würde dadurch durchbrochen. Sie sind, von meiner Generation und unseren Kindern – zu sehr in Watte gepackt worden.
Das Pflichtjahr ist der Königsweg
Freiwilligkeit allein reicht nicht mehr aus, um alle Bereiche ausreichend mit Personal zu versorgen. Durch den früheren Zivildienst sind viele Männer dauerhaft im sozialen Bereich geblieben – das fehlt heute fast völlig. Wir brauchen für den Verteidigungsfall Reservisten, also Männer und Frauen, die eine Grundausbildung oder mehr, bei der Bundeswehr absolviert haben. Soziale Arbeit muss wieder stärker in der Gesellschaft verankert werden. Ich sehe keinen besseren Weg, als ein Pflichtjahr für Männer und Frauen einzuführen.
Widerstand gegen die Pflicht
Es versteht sich von selbst, dass viele Betroffene das nicht wollen. Manche werden sich wehren, argumentative Klimmzüge hinlegen und gegebenenfalls jene beschimpfen, die dieses Pflichtjahr für richtig halten. Das ist normal, da müssen wir durch und dürfen uns nicht beeindrucken lassen. Die Krönung der hirnlosen Argumentation, die ich selbst zu hören bekam: „Dieses Land ist es nicht wert, verteidigt zu werden.“ Ja, die Betroffenen dürfen und sollen mitbestimmen. Aber sie müssen verstehen, dass es mehr Engagement für Sicherheit und Soziales braucht, und dass jetzt sie an der Reihe sind.
Rund 55 Jahre lang hatten wir die Wehrpflicht, ohne dass diese breit hinterfragt wurde. Unser Lebensstandard und unsere Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif und nicht zum Verwöhnpreis. „Ich zahle doch genug Steuern“, das ist vorbei, das reicht nicht mehr! Ja, die Politik hat ihren Anteil an der Situation, aber sie ist eben nur ein Teil des Problems. Was spricht eigentlich dagegen, wenn sich jede Person ein Jahr lang für die Allgemeinheit einsetzt?
Es gibt gute Lösungen
Zwölf Monate sollten als absolutes Minimum gelten. Die Menschen müssen für ihre Aufgabe grundqualifiziert werden, und Soldaten sollten zumindest die Grundausbildung absolvieren. Der Netto-Nutzen wäre zu gering, wenn die Einsatzzeit noch weiter verkürzt würde. Selbstverständlich muss der Dienst für Männer und Frauen verpflichtend sein, alles andere widerspräche der Gleichberechtigung. Gegner einer solchen Gleichstellung sabotieren diese letztlich selbst.
Als Bonus, damit der Dienst auch für die Teilnehmenden attraktiv ist, könnten für die zwölf geleisteten Monate beispielsweise 24 Monate in der Rentenversicherung angerechnet werden. Ergänzend ließen sich Vorteile wie ein vereinfachter Zugang zu „Numerus-clausus“-Studienfächern oder ein fünf Jahre gültiges, kostenloses Deutschlandticket einführen. Das wäre sinnvoll, um den persönlichen Nutzen und die Motivation zu steigern.
Auch für Arbeitgeber muss es attraktiv sein, „Zivildienstleistende“ zu beschäftigen. Gleichzeitig muss eine Ausbeutung systemisch verhindert werden. Die Bezahlung sollte einheitlich und in der Höhe zumindest mit dem Bürgergeld vergleichbar sein. Dass diese Menschen nicht voll bezahlt würden, wäre Teil ihres Dienstes an der Gesellschaft, so wie es einst bei Soldaten und Zivildienstleistenden während der Wehrpflicht der Fall war.
Woran hängt es?
Es handelt sich um einen demokratischen Prozess, der Zeit braucht. Wer aber zielführend mitdiskutieren und gegen ein Pflichtjahr argumentieren will, sollte auch Alternativen aufzeigen, die vergleichbaren Nutzen bringen und umsetzbar sind. Einfach nur dagegen zu sein ist unproduktiv, egoistisch und kindisch.
Die Bundesregierung steht dabei unter starkem Druck: Einerseits wegen des offensichtlichen Handlungsbedarfs, andererseits aufgrund lauter Interessengruppen, die gegen jeglichen Zwang sind, ihre Komfortzone nicht verlassen wollen und generell gegen alles sind, was „von oben“ kommt. Diesen gesellschaftlichen Diskurs müssen wir führen, auch wenn er anstrengend ist.
Nicht vergessen
Die Männer der Boomer-Generation und deren Nachfolger haben ihren Beitrag, im Rahmen der Wehrpflicht oder des Zivildienstes geleistet. Nun sind die jungen Generationen am Zug, ebenfalls ihren Beitrag für die Gesellschaft zu leisten. Freiwillig wird das kaum geschehen. Die Welt hat sich verändert und war nie so dynamisch wie heute. Noch nie stand die soziale Arbeit in Deutschland so unter Druck, dem muss Rechnung getragen werden.
PS: Mir ist bewusst, dass das Titelbild einen Buchstaben Fehler beinhaltet. Das ging nicht anders… Sehen Sie dies als künstlerische Freiheit 😉




