
Der mit dem Fahrrad von Gießen zur SPD-Veranstaltung nach Rabenau-Geilshausen angereiste VCD-Vertreter wäre mit dem Bus kaum schneller dort gewesen: Ankunft mit der Linie 371 aus Gießen in Geilshausen nach einer guten Stunde und 28 Haltestellen später. Was dem einen Trainingsstunde und informativer Ausflug, ist für alle, die täglich auf derartige Busverbindungen angewiesen sind, ob zu alt oder zu jung oder aus anderen Gründen ohne Pkw, eine offenkundige Zumutung. Erst recht in den nicht an der Strecke liegenden Ortsteilen sowie abends und am Wochenende.
Die hessische Verkehrsstaatssekretärin Fröhlich erläuterte den Verfahrensstand und machte den Anwesenden, vor allem den unermüdlichen Aktiven des Lumdatalbahnvereins, wieder einmal Hoffnung – getreu dem Motto „Es wird schon werden.“
Gern möchte man es glauben, doch was der Politik fehlt und – wie im Fall der Lumdatalbahn – teils jahrzehntelange Entscheidungsprozesse erzwingt, sind die fehlenden rechtlich bindenden Bedienungsstandards für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) im ländlichen Raum, als Minimum z.B. „Jedes Dorf, jede Stunde!“ inclusive Anbindung aller Siedlungsbereiche, maximalem Haltestellenabstand und deren Ausstattung. Statt dessen: Heerscharen über die Jahre wechselnder Beteiligter und immer neue Verfahrensschritte, mithin auch Bürokratiekosten, mit denen die Bahn längst reaktiviert sein könnte.
Vor allem aber fehlt es an einer positiven Vision, wie sich die Dörfer entwickeln sollen und können, um nicht
„gerade so“ am Leben gehalten, sondern als Wohn- und Arbeitsort wieder attraktiv zu werden. Dabei ist das Lumdatal doch gleich mehrfach im Vorteil: Wo andernorts neue Bahnstrecken gebaut oder hilfsweise Schnellbuslinien installiert werden müssen, sind hier Trasse und Gleise vorhanden und in weitgehend gutem Zustand. Nach Reaktivierung geht es in weniger als der Hälfte der jetzigen Fahrzeit der Busse mit der Bahn umsteigefrei bis nach Gießen. Neben den Vorteilen für die eigene Bevölkerung und die heimischen Wirtschaft, bräuchte es dann auch nicht mehr viel, um die Bahn zum Rückgrat eines attraktiven Rad- und Wandertourismus zu machen, bei dem das Lumdatal ein erhebliches Entwicklungspotenzial hätte. Wann wird dieser Schatz gehoben?
Skeptiker einer Reaktivierung mögen einmal ihren Blick weiten und auf erfolgreiche Bahnreaktivierungen richten wie die Strecke Marburg – Frankenberg – Brilon-Wald (NRW) der Kurhessenbahn.
Für die Lumdatalbahn wird – wie im Falle Horlofftalbahn – eine Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen, anders als bei anderen Reaktivierungsprojekten, hoffentlich nicht mehr benötigt. Vor Ort passiv nur auf den Ausgang des laufenden Verfahrens zu warten, ist jedoch zu wenig. Wer das Projekt Lumdatalbahn will, muss sich hierfür engagieren und das nicht den wenigen Aktiven des namensgebenden Vereins überlassen.
So ist Björn Zimmer, dem Bürgermeister Rabenaus zwar Recht zu geben, der eine klare Positionierung von Land und Kreis zur Anbindung der Ortsteile fordert, um die Akzeptanz der Reaktivierung zu fördern. Wichtig wäre aber auch und vor allem eine klare gemeinsame Haltung und entsprechende Aktivitäten der Gemeinden im Lumdatal pro Reaktivierung. Niemand sollte doch in Zeiten „knappen Geldes“ glauben, dass es keinen Einfluss auf eine noch so objektive Nutzen-Kosten-Untersuchung hat, ob vor Ort etwas gewollt ist und hierfür auch eingestanden und „geackert“ wird. So ist es auch schade, dass der „Autofreie Sonntag im Lumdatal“ seitens der Gemeinden nicht für eine Vorstellung des Projekts und ein Anstoß genutzt wurde, sich kreativ einzubringen. Vielleicht lassen sich über die örtlichen Vereine und Schulen auch junge Leute für das Projekt gewinnen. Sie und kommende Generationen sind es schließlich zuallererst, die als Schülerinnen und Schüler auswärtiger Schulen, Auszubildende oder Berufseinsteiger oder in der Freizeit von der Bahn profitieren würden. Wie wäre es damit: Kreative Ideen in Schulprojekten entwickeln? Oder noch besser: Alt und jung gemeinsam im Lumdatalbahnverein? Beides wären zugleich Beiträge zur Demokratiebildung und zum generationenübergreifenden Miteinander.
Abschließend: Auch Lollar, mit vorbildlich sanierten Bahnsteigen gesegnet und geographisch das „Tor zum Lumdatal“, sollte sich einbringen. Ein kleiner Anfang wäre da schon gemacht, würde für Radreisende aus dem Lumdatal der Bahnhof in Lollar ausgeschildert, was nach der Sanierung des Haltepunkts doch wohl dazu gehört hätte.



