VCD Gießen fordert mehr Falschparker-Kontrollen

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Immer wieder müssen Rad- und Fußverkehr ausweichen, weil die Geh- und Radwege komplett blockiert sind – dabei würden 70 € Bußgeld und ein Punkt im Fahreignungsregister schnell dazu führen, dass das behindernde Falschparken endet.

Der Kreisverband Gießen des Verkehrsclub Deutschland (VCD) kritisiert den drastischen Rückgang von Falschparker-Kontrollen in der Stadt Gießen und fordert eine deutliche Intensivierung der Überwachung des ruhenden Verkehrs.

Nach Auswertung der offiziellen städtischen Zahlen wurden 2024 so wenige Falschparker sanktioniert wie seit 2008 nicht mehr. Die Kontrolltätigkeit des Ordnungsamts ist seit 2019 deutlich reduziert – mit teils gravierenden Auswirkungen auf Verkehrssicherheit, Aufenthaltsqualität und städtisches Leben.

Besonders auffällig ist der Rückgang bei Verstößen wie dem Parken ohne Parkschein – der häufigsten Ordnungswidrigkeit im ruhenden Verkehr. Während 2012 noch fünfmal so viele Verstöße erfasst wurden, liegt die Zahl heute bei nur noch 16 Verwarnungen pro Tag. Auch das Parken im Halteverbot wird seit 2020 nur noch halb so häufig sanktioniert wie zuvor.

Gravierende Kontrolllücken auch in sensiblen Bereichen

  • Bewohnerparkzonen: Trotz Ausweitung der Zonen bleibt die Zahl der täglichen Verstöße mit etwa sechs pro Tag gleich – ein klares Zeichen mangelnder Kontrolle.
  • Gehwegparken mit Behinderung: Der mit 70?€ und einem Punkt in Flensburg sanktionierte Verstoß wird von der Stadt nur alle drei Tage zur Anzeige gebracht – 2010 wurde das behindernde Gehwegparken noch sechs Mal so oft zur Anzeige gebracht.
  • Fußgängerzone: Nur drei Strafzettel stellt die Stadt dort pro Tag aus – obwohl Fahrzeuge inzwischen zu fast jeder Tageszeit illegal in den Randbereichen der Fußgängerzonen abgestellt werden. Die Folge: sinkende Aufenthaltsqualität, potenziell Umsatzeinbußen im Handel.

VCD: Stadt lässt Kontrollpotenzial ungenutzt

Der VCD Gießen sieht in der personellen Unterbesetzung des Ordnungsamts einen Hauptgrund für den Rückgang der Kontrollen. Allerdings sei es durch bessere Organisation, anderen Personaleinsatz, Fortbildungen und gezielte Personalgewinnung durchaus möglich, die Kontrolldichte wieder deutlich zu erhöhen. Zahlreiche Straßen in Gießen seien seit Jahren frei von jeder Überwachung – trotz permanenter Verstöße. Insbesondere abends werde kaum noch kontrolliert.

Negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit

„Wenn Kreuzungsbereiche und Querungsstellen zugeparkt sind, steigt die Unfallgefahr massiv – besonders für Fuß- und Radverkehr“, betont der VCD. Auch der Wirtschaftsverkehr leide unter zugeparkten Lieferzonen. Linienbusse werden immer wieder behindert und können den Fahrplan nicht einhalten. Unternehmen wie etwa in der Siemensstraße greifen gar zu Selbsthilfe-Maßnahmen und sichern Grundstückszufahrten mit „Hütchen“.   Fußgängerinnen und Fußgänger, auchSenioren und Kinder,  müssten wegen Falschparkern vom Gehweg immer wieder auf die Fahrbahn ausweichen – eine unhaltbare Situation. Selbst Behindertenparkplätze würden blockiert.

Frust in der Bevölkerung wächst – Privatanzeigen nehmen zu

Der VCD verweist auf den jüngsten Fahrradklimatest des ADFC, bei dem Gießen bei den Falschparker-Kontrollen mit der Note 4,6 besonders schlecht abschnitt. Viele Hinweise an das Ordnungsamt blieben unbeantwortet.

Inzwischen weichen immer mehr Bürger auf das Portal weg.li aus, um Falschparkende digital zu melden. Aktuell werden rund zehn solcher Zeugenhinweise pro Tag eingereicht – fast ebenso viele wie die Stadt selbst bei schweren Verstößen feststellt. Seit dem 01.01.2025 werden diese Daten automatisch in die städtische Software übernommen, was die Bearbeitung deutlich beschleunigt hat.

„Dass Bürger falsch geparkte Autos auf Gehwegen oder Behindertenparkplätzen ebenso oft melden wie die städtischen Kräfte, zeigt wie groß der Ärger in der Bevölkerung und wie groß die Solidarität mit den schwächsten Verkehrsteilnehmenden ist. Dies kann aber kein Ersatz für professionelle Kontrollen durch die zuständigen Behörden sein“, betont der VCD.

Forderungen des VCD Gießen:

  • Umgehende Rückkehr zum Kontrollniveau der 2010er-Jahre
  • Mittelfristig deutliche Ausweitung der Kontrolldichte
  • Systematische Überwachung neu eingerichteter Parkregelungen, wie z.B. in der Sudetenlandstraße oder im Bereich Am Unteren Rain
  • Abschleppen bei schwerwiegenden Verstößen, insbesondere bei Behinderung von Linienbus-, Fuß- und Radverkehr
  • Konsequente Sanktionierung in Lieferzonen und auf Rettungswegen

Nur durch regelmäßige, sichtbare und wirksame Kontrollen könne die Stadt ihre eigenen verkehrspolitischen Ziele erreichen – und für mehr Sicherheit, Fairness und Lebensqualität auf Gießens Straßen sorgen.

https://hessen.vcd.org/der-vcd-vor-ort/giessen/vcd-giessen-fordert-mehr-falschparker-kontrollen

VCD Gießen
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