Buchtipp: Sommer in Super 8 – Anne Müller

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Penguin Verlag

Klappentext:

Ein Roman wie ein heißer Tag am Meer … bis das Gewitter beginnt

In Claras Leben passiert alles Wichtige an einem Mittwoch. An einem Mittwoch im Jahr 1963 wird sie als mittleres von bald fünf Kindern in eine Landarztfamilie hineingeboren. Die Mutter schön, elegant und klug, der Vater von seinen Patienten geschätzt, weltmännisch und witzig. Die Partys, zu denen die Königs einladen, sind legendär. Clara bewundert ihren Vater, doch zunehmend spricht er dem Alkohol zu und zunehmend erschüttern seine Eskapaden das Leben der Familie. Lange versucht Clara das zu überspielen, bis sich an einem Mittwoch alles zuspitzt …

Mit feinem Humor erzählt Anne Müller vom Aufwachsen in einer scheinbar perfekten Familie – und lässt die 70er-Jahre mit Tritop, Apfelshampoo und Super-8-Filmen wieder auferstehen.

Rezension:

Familiengeschichten können einen oft auf eine persönliche Reise mitnehmen. Am Anfang ist das alles noch recht seicht. Man lernt die „perfekte“ Familie König aus Sicht der Mittleren Tochter Clara kennen. Es sind 5 Kinder – ein älterer Bruder und eine Schwester, Clara und die Zwillinge, welche recht schnell nach Clara kamen.

Im ersten Teil des Buches ist wirklich alles bilderbuchmäßig, außer dass sich Clara teilweise sehr alleine vorkommt. Sie ist eher ein Papakind, da sie sich von ihrem Vater, dem erfolgreichen und charismatischen Arzt König verstanden fühlt.

Am Anfang ist er sehr erfolgreich und hat einen Schlag bei den Frauen. Man bekommt irgendwie das Gefühl, dass er seiner hübschen Frau doch sehr oft fremdgeht. Auch wenn es Clara nicht so richtig sagt, kam es mir in manchen Situationen einfach so vor.

Dennoch hegte ich am Anfang trotzdem starke Sympathien für ihn, auch wenn ich mich damit nicht gerade identifizieren kann, aber irgendwie beschreibt Clara, oder viel mehr die Autorin, ihn sehr warmherzig. In diesem Abschnitt des Buches ist Claras Mutter noch etwas blass. Alles dreht sich um Claras Vater, er macht Witze, erzählt tolle Geschichten und ist immer der Held.

In Teil zwei des Buches ändert es sich langsam. Clara wird bewusst, dass ihr Vater immer öfter die gleichen Geschichten erzählt und er stets der Held ist. Hobbies und Interessen werden immer rarer, die Alkoholsucht wird prägnanter. Ich erzähle nun lieber nichts mehr über den Inhalt, ansonsten verrate ich noch das Ende.

Mein Fazit zu dem Buch ist, dass es eine tolle Geschichte über die 70er Jahre ist, mit einigen Musiktipps aus der Zeit. Wie das mit den Super 8 Filmen war kommt auch richtig gut rüber. Ich musste da bei jeder Beschreibung des Filmens und des Schneidens der Filme an meinen Opa denken, der eine Super 8 Kamera hatte und an die Filmabende, wenn Oma und Opa aus dem Urlaub kamen.

Auch das Rauchen und bestimmte Freiheiten, die man in den 70er und den 80er Jahren einfach hatte, die Tage im Freibad oder die komischen Plastikbadekappen, die auch meine Mutter im Schwimmbad getragen hat, waren ein absoluter Flashback.

Auf den letzten 100 Seiten bekam ich immer mehr einen Kloss im Hals. Langsam kamen auch mir die Tränen in die Augen und ich dachte: ich verstehe das alles. Warum ich dies nun verstehe, steht auf einem anderen Blatt. Aber eines ist mir auch klar geworden, eine Autorin, die aus dem drehbuchschreibenden Milieu kommt, kann sehr wohl auch eine gute oder sogar sehr gute Romanautorin werden. Alles ist sehr warmherzig und es wird immer klarer, dass die scheinbar perfekten Familien eben doch nicht so perfekt sind.

Und auch über perfekte Familien wird in Dörfern getratscht. Gerüchte gibt es da immer wieder, aber an den Gerüchten ist immer ein Körnchen Wahrheit dabei.

Es wird einem bei dem Roman immer klarer, egal ob in den 70ern oder heute, es gibt keine perfekten Familien, aber fast perfekte Familienromane.

Verlag: Penguin Verlag

ISBN: 978-3-328-10600-5

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