Gerade ausgelesen

150

Lebenssekunden“ von Katharina Fuchs. – Der Roman beginnt im Jahr 1956. Abwechselnd wird von zwei 16jährigen Mädchen erzählt. Angelika lebt in Kassel. Nachdem sie ohne Abschluss von der Schule geflogen ist, findet sie erst nach einigen Umwegen die ersehnte Lehrstelle in einem Fotogeschäft. Christine lebt in Ostberlin und wird auf eine erfolgreiche Turnerinnen-Karriere vorbereitet. Mit erbarmungslosen Maßnahmen, die mich als Leserin zutiefst schockierten, obwohl ich natürlich schon einiges über Drill und Doping bei DDR-Sportlern gehört hatte. In Westberlin kreuzen sich die Wege der beiden jungen Frauen. Erstmals 1959 bei einem schockierenden Zwischenfall, zwei Jahre später am 13. August 1961 in der Bernauer Straße. Der Roman zeigt eindringlich, wie sich junge Menschen in unterschiedlichen politischen Systemen entwickeln und verwirklichen konnten bzw. (im Osten) durften. Sehr gut!

Verschließ jede Tür“ von Riley Sager. – Falls Sie auf eine Annonce stoßen, die Ihnen 1000 Dollar die Woche für das Hüten einer Luxuswohnung verspricht, seien Sie vorsichtig. Es könnte sein, dass die Arbeitgeber mehr von Ihnen wollen. Sehr viel mehr! Diese Erfahrung macht die junge, alleinstehende Jules, als sie den Job als Wohnungssitterin in einem sagenumwobenen Hochhaus in New York annimmt. Es gibt seltsame Regeln z.B. darf sie keinen Besuch empfangen u.a., doch im Hinblick auf das leicht verdiente Geld, ignoriert sie ein aufkommendes Unbehagen. Erst als Ingrid, ebenfalls Wohnungssitterin über Nacht spurlos verschwindet, beginnt Jules zu recherchieren und gerät dabei in tödliche Gefahr. Obwohl man eventuell früh ahnt, worauf die Sache hinausläuft, bleibt es spannend und die kurzen Kapitel lesen sich flott weg.

Wenn das Licht gefriert“ von Roman Klementovic. – Elisabeth und Friedrich sind seit 40 Jahren verheiratet. Jetzt leidet Friedrich an fortschreitendem Alzheimer und wird von seiner Frau liebevoll umsorgt. Was nicht einfach ist bei dieser Krankheit, wie der Autor eindrucksvoll schildert. Als in einer TV-Sendung über den 22 Jahre zurückliegenden, unaufgeklärten Mord an Anna, der früheren Freundin ihrer Tochter Valerie berichtet wird, redet der alte Mann plötzlich über Dinge, die eigentlich nur der Täter wissen kann. Ist Friedrich ein Mörder? Elisabeth ist zutiefst verstört und versucht, der Sache nachzugehen. Nicht alles, was Elisabeth in ihrem Schockzustand tut, ist nachvollziehbar, aber verständlich. Sie hetzt auf der Suche nach Antworten durch eine Kleinstadt, in der langsam, aber sicher die Lichter ausgehen. Der Zustand der Stadt entspricht dem Schicksal der durch das nie geklärte Verbrechen betroffenen Menschen. Das dramatische Finale ist überraschend, verstörend und sehr traurig.