Ein aufmerksamer Friedhofbesucher in Hungen-Villingen entdeckte im Vorraum der Trauerhalle, an der Glasfassade, an die Zweitausend tote Insekten. Von der Honig- und Wildbiene über Schwebfliegen u.v.m., alles Bestäuberarten für unsere „Nutzpflanzen“. Die Insekten erkennen die 5 x 5 Meter große Glasfläche nicht als Hindernis. Sie sehen nur das Licht und die Landschaft, die durch das Glas scheint. Sie suchen auf der Fläche einen Ausweg, aber den gibt es für sie nicht, so NABU Vorsitzender Heinz Weiss. Letztendlich sterben alle Insekten qualvoll an Entkräftung. Die Fensterbank und ein Teil des Bodens sind übersät mit toten Tieren und ein leichter Verwesungsgeruch ist in der Vorhalle wahrzunehmen. Ca. eine Million Tiere müssen in den letzten 40 Jahren an dieser Glasfläche ums Leben gekommen sein, so lange besteht schon diese Trauerhalle. Das Umweltamt der Stadt Hungen wurde über das große Insektensterben in Villingen informiert und aufgefordert, diese große Falle zu entschärfen. Auch nach 7 Wochen hat die Stadt es nicht geschafft, etwas zu unternehmen. Dabei sollte doch die Stadt Hungen Vorbild sein im Insektenschutz. Für viele Menschen sind Insekten immer noch unnötige Schädlinge, die bekämpft werden müssen egal auf welcher Weise.
Als im Jahr 2017 eine deutsche Studie den Verlust von ¾ der Biomasse bei den Insekten innerhalb 30 Jahren aufdeckte, so der NABU-Vorsitzende, hat die breite Bevölkerung, die Politiker und Kommunalpolitiker nicht wirklich verstanden was auf dem Spiel steht, wenn unsere Insekten verschwinden.
73% der bekannten Tierarten sind Insekten. In Deutschland kennen wir über 33 Tausend Insektenarten. Sie übernehmen in unserem Ökosystem eine sehr wichtige Funktion, insbesondere für die Bestäubung. Neben der domestizierten Honigbiene gibt es rund 600 Wildbienenarten und eine große Zahl weiterer Insekten, wie Mücken, Schmetterlinge und weitere Hautflügler. Insekten sorgen jedoch auch für biologische Kontrolle, indem sie viele Schädlinge dezimieren. Sie zersetzen Tonnen von totem Pflanzenmaterial oder Tierkadaver und machen auf diese Art die Nährstoffe wieder zugänglich. Bodenbewohnende Insekten beeinflussen die Fruchtbarkeit positiv. Insekten dienen als Nahrung: Rund 75 % der Fische ernähren sich von Insekten, bei den Amphibien sind gar 100 %, bei den Vogelarten über 50 % von Insekten abhängig.
Seit 1950 herrscht in unserem Land ein Wirtschaftsboom mit Folgen. Parallel zum damit ausgelösten Verlust der Lebensräume findet ein Verlust der Basis der Ökologischen Pyramide mit dem Verschwinden der Insekten statt.
Der NABU-Vorsitzender warnt vor falscher Sicherheit durch den Erfolg punktueller Maßnahmen.
Die generelle Bilanz ist alarmierend! Die Verarmung der Biodiversität, gerade im Agrarbereich, geht weiter.