Thriller: Die Einsamkeit der Schuldigen – Das Verlies – Nienke Jos

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Klappentext:

DAS SUBTILE GRAUEN  Ein eindrucksvolles Thriller-Debüt, einzigartig und mit unverkennbarer Sprache: Scheinbar harmlose Begegnungen führen in den Sog einer unaufhaltsamen Katastrophe, die das Leben sieben einander fremder Menschen unheilvoll miteinander verknüpft. Nienke Jos erweist sich als feinfühlige Schöpferin gläserner Seelen, deren Lebenswege sie mit kompromissloser Stringenz an den Abgrund führt. Der Leser wird mitgerissen in ein Labyrinth aus Faszination und Abscheu. Ein psychologisches Meisterwerk.

Rezension:

Ich muss mich erstmal sortieren. Viele Personen, die in diesem Buch vorkommen, viele verschiedene Perspektiven und jeder ist irgendwie schuldig – also bis auf die Person, die im Verlies gehalten wird, und die Frau des Psychologen, die immer wieder auf ihren Mann einwirkt. Aber selbst der Psychologe versucht, es richtig zu machen, und schafft es nicht.

Vielleicht fange ich besser von vorne an. Die Trainerin Junia bietet in einem Hotel unter anderem Mountainbike-Touren an. Sie lernt Thies kennen. Er ist Arzt in einer Klinik in Kempten, mit dem sie eine Beziehung anfängt. Im Hotel lernt sie auch Ann kennen, die von ihrem Ehemann nicht beachtet wird und in Wiesbaden untertaucht.  Sie erleichtert ihren Mann um 200.000€, ohne dass er dies merkt.

Dazu taucht man immer wieder in die Gedankengänge eines Mannes ein, der eine Frau entführt. Am Anfang (bis Seite 300) war ich komplett auf dem Holzweg mit meiner Vermutung welche Person er entführt hat.

Dann gibt es da den Psychologen, aus Wiesbaden, der von einer Frau verfolgt wird, die sich Elenor Moos nennt. Dazu noch Thies und seine Freunde, die wohl eine 16-Jährige vergewaltigt haben und die dabei zu Tode gekommen ist. Die Gruppe wurde von Isa dabei gefilmt, die die drei erpresst und deswegen Thies geheiratet hat.

Ihr merkt schon, man bekommt Einblick in verschiedene Personen, deren Gedankenwelten. Jeder hat so seine Probleme und jeder ist irgendwie schuldig. Wobei jeder versucht, es zu verbessern, es immer wieder gut meint. Zwischen gut meinen und gut machen gibt es aber einen gewaltigen Unterschied, weswegen sich irgendwie alle, ob nun absichtlich oder unabsichtlich, schuldig machen. Es ist wie überall, man kann jedem nur vor die Stirn schauen. Was wirklich in der Person vorgeht, kann man so nicht erkennen. Deswegen hat Junia auch nicht erkennt, was Thies wirklich für einer ist, da er bei ihr eher derjenige ist, der sich sagen lässt, was er zu tun und zu lassen hat, aber immer wieder versucht er andere Menschen zu manipulieren.

Die verschiedenen Sichtpunkte, machen den Thriller nicht gerade leicht verdaulich. Man hinterfragt sich oft selbst und somit musste ich den Roman immer wieder weglegen und über die Personen nachdenken. Hat man sich aber darauf eingelassen, ist das Lesen sehr flüssig und schlüssig. Man schwankt immer wieder gleichermaßen zwischen Faszination und Abscheu zu den Figuren.

Es ist ein wirklich gelungenes Debüt der Autorin, auch oder gerade weil man erkennt, wie einsam die Personen teilweise innerlich sind. Es fällt besonders bei Ann auf, die schon erfreut ist, dass sie drei Freunde hat, wobei eine davon die Person aus dem Verlies ist und die andere, eine Frau, die ihr an der Ampel hinten aufs Auto gefahren ist. Schon fragwürdig bis bedenklich.

Wer auf tiefsinnige Thriller steht, ist mit diesem gut bedient. Man sollte allerdings keine Angst davor haben, dass man teilweise einen Spiegel vor die Nase gehalten bekommt. Ich würde mich auf Teil 2 freuen. Wobei ich mir vielleicht etwas weniger Tiefe wünschen würde, da es doch auf Dauer anstrengend sein kann.

Verlag: Gmeiner – Verlag

ISBN: 978-3-8392-2390-1

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