Gießen | Zusammenfassung des Vergleichs der Landesgartenschauen
Um die Situation von Gießen und die enormen Risiken, die die Landesgartenschau 2014 enthält, deutlich zu machen zunächst ein Vergleich mit unserer Nachbarstadt Marburg:
Die Einwohnerzahl beider Städte ist nahe zu gleich. (Gießen ca. 78.000 Einw./ Marburg ca. 80.600 Einw.)
Bei der Verschuldung sieht es schon deutlich ungünstiger für Gießen aus. Marburg 87.000.000,-- € / Gießen geht auf 250.000.000,-- € zu.
Das Defizit im Haushalt liegt bei ca. 28.000.000,-- € (Zum Vergleich: Defizit Wetzlar ca. 5.209.000,-- €; Bad Nauheim ca. 8.500.000,-- €) Die Kassenkredite sind innerhalb eines Jahres in Gießen von 40.000.000,-- € auf 80.000.000,-- € gestiegen. D a s m a c h t A n g s t !!!
Die Frage steht jetzt also im Raum: Sollen bei desolaten Haushaltslagen solche kostenintensiven und kaum kalkulierbare Großereignisse wie Hessentage oder Landesgartenschauen durchgeführt werden?
Der Steuerzahlerbund und der Kommunalverband lehnen diese dann eindeutig ab. Selbst Weilburgs Bürgermeister Hans-Peter Schick (parteilos), eigentlich ein begeisterter Gastgeber
des Hessentages im Jahr 2005, warnt klamme Kommunen: „Wenn ich ein Minus habe, dann bewerbe ich mich nicht um die Ausrichtung eines Großereignisses.“ Nach Ansicht des Hessischen Städte- und Gemeindeverbandes können sich etliche Kommunen aufgrund ihrer Finanzsituation große Events wie Hessentage oder Landesgartenschauen nicht mehr leisten. Es wird daher unteranderem verlangt:
- Diese Veranstaltungen müssen kleiner ausfallen.
Es wird gewarnt: Oft bleiben die Kommunen auf großen Verlusten sitzen.
Die Hessentage waren zuletzt für alle austragenden Städte ein Verlustgeschäft:
2007 Butzbach 3.800.000,-- € Verlust
2008 Homberg/Efze 3.400.000,-- € Verlust
2009 Langenselbold 3.600.000,-- € Verlust
2010 Stadtallendorf 5.900.000,-- € Verlust
2011 Oberursel 3.500.000,-- € Verlust
2012 Wetzlar ?? € Verlust
Zurück zu den Landesgartenschauen (LGS) und der Frage: Warum hat Gießen die LGS 2014 erhalten?
Hier gibt es ein interessantes Beispiel: Die Stadt Duisburg bewarb sich um die LGS 2014 im Nachbarbundesland NRW. Duisburg wurde abgelehnt, da sie Stadt zu hoch verschuldet ist. Die Schulden pro Einwohner betragen in Duisburg 3.187,--€. Die Schulden Gießens betragen pro Nase über 3.200,-- €.
Die Frage ist: Warum hat trotz dieser immensen Verschuldung Gießen dennoch die LGS erhalten? Welche Vergaberichtlinien gibt es oder gibt es nicht und sollte es dann aber geben.
Die Pro-Kopf-Verschuldung der Gemeinden in Hessen steigt stetig an und betrug im Jahr 2000 1.478,-- €. Im Jahr 2009 ist sie bereits schon auf 1.544,-- € gestiegen. Zur Erinnerung Gießen mehr als 3.200,-- €.
Da bekommt man Angst, Panik
und mir geht durch den Kopf
heute Griechenland und schon morgen Gießenland!
Vergleich der Besucherzahlen von LGS:
LGS Zülpich 2014 erwartet werden: 400.000 kommen werden: ?
LGS Gießen 2014 erwartet werden: 700.000 kommen werden: ?
LGS Bad Nauheim 2010 erwartet wurden: 500.000 gekommen sind: 521.511
LGS Bad Wildungen erwartet wurden: 600.000 gekommen sind: 436.000
LGS Winsen erwartet wurden: 550.000 gekommen sind: 536.000
LGS Wolfsburg 2004 erwartet wurden: 700.000 gekommen sind: 650.000
LGS Norderstedt 2011 gekommen sind: 580.000
Aus dem Bericht 2011 des Landesrechnungshofes Sachsen:
Er prüfte die Landesgartenschauen seit 1999 und stellt u.a. folgendes fest:
Die geplanten Investitionskosten wurden in keinem Fall eingehalten. Die größte Überschreitung gab es in Reichenbach: Aus geplanten 9 Mill. Euro wurden 19 Mill. Euro.
Die finanziellen Folgen waren in allen Fällen: Kreditaufnahmen und höhere Verschuldung der Kommunen!
Der Landesrechnungshof fordert als Konsequenzen u.a.:
- Transparentere Vergabeverfahren nach klargeregelten Kriterien.
- Es soll kontrolliert werden, ob die Mittel erfolgreich eingesetzt werden.
- Der Abstand zwischen den Lagas sollte sich auf 5 Jahre vergrößern.
Minus bei den Bundes- + Landesgartenschauen:
Bundesgartenschau München 2005 8.800.000,-- € Defizit
Bundesgartenschau Hansestadt Rostock 20.000.000,-- € Defizit
LGS Ostfildern (bei Stuttgart) 3.500.000,-- € Defizit
LGS Wolfsburg 2004 700.000,-- € € Defizit
LGS Winsen an der Luhe 2006 1.600.000,-- € Defizit
LGS Bad Nauheim 2010 1.000.000,-- € Defizit
LGS Norderstedt 2011 700.000,-- € Plus
Kennwerte von Landesgartenschauen im bundesweiten Vergleich:
Flächengröße: 10 – 60 ha. Im Durchschnitt 27 ha. Gießen 35 ha. Also drüber! Folgekosten?
Investitionshaushalt: 4 – 21 Mio. Euro. Im Durchschnitt 10. Mio. Gießen 19 Mio. Also deutlich drüber! Gießen ist aber auch „nur“ mit fast 250.000.000,-- € verschuldet.
Durchführungshaushalt: 4 – 10 Mio. Euro. Im Durchschnitt 7 Mio. Gießen 9 Mio. Also 2 Mio. drüber. Ist zwar unredlich aber anscheinend auch egal.
Besucher: 350.000 – 2.500.000. Im Durchschnitt 500.000. Gießen hofft auf 700.000 Besucher. Also 200.000 über Schnitt. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Investionshaushalt:
LGS Zülpich:
ca. 17.000.000 ,-- € (Landeszuschuss 60 Prozent)
LGS Gießen:
ca. 19.100.000 ,-- €
davon 6.100.000,-- für Lahnaue
1.600.000,-- für Korridore
11.400.000,-- für Wieseckaue
Landeszuschuss 4.300.000,-- Euro (Landeszuschuss ca. 22,5 Prozent)
LGS Wolfsburg: ca. 18.000.000,-- €
Und nun noch zu den laufenden Ausgaben:
LGS Gießen:
9.000.000,-- Euro - 5.600.000,-- € für 700.000 vielleicht verkaufte Eintrittskarten
- 900.000,-- von Sponsoren
- 2.500.000,-- Zuschüsse Stadt (ja wir haben es doch!)
LGS Wolfsburg:
Betriebsausgaben 8.600.000,--
Eintrittspreise:
Die Eintrittspreise der letzten LGS sind in der Höhe ungefähr gleich.
Aber: Die Kurgäste zum Beispiel in Bad Nauheim durften auch Dauereintrittskarte kaufen, um den Kurpark nutzen zu können. Und in Gießen wird versucht eine Regelung für die Gießener Studierenden mit dem Asta abzusprechen. Es soll der Eintrittspreis im Semesterticket mit einbegriffen sein. Also Zwangsabgabe: Das Semesterticket wird für alle Studenten teurer und das auch dann, wenn sie die LGS gar nicht besuchen werden!
Probleme der Nachnutzung:
Die Stadt Winsen stellt pro Jahr 120.000,-- Euro für die Pflege von Schlossgarten und Nachnutzungsgelände in den Haushalt ein, so dass die 470 Ehrenamtlichen nicht mit leeren Händen dastehen, wenn sie die Beete bestücken möchten.
Stadt Wolfsburg: Hier ist die Pflege und Unterhaltung des Schlossgartens und des Allerparks Aufgabe der Stadt. 200.000,-- Euro für Unterhalt Schlosspark und 400.000,-- Euro für Unterhalt Allerpark. Also pro Jahr 600.000,-- Euro für Personal- und Sachkosten.
Bad Zwischenahn: Der Kurort hat eine lange Gartenbautradition. Zum Ereignis LGS 2002 kamen 980.000 Besucher. Dieser Erfolg führte dazu, dass man sich gegen den beschlossenen Rückbau entschied. Stattdessen findet seit 2003 jeden Sommer von Mai bis Oktober eine kostenpflichtige Blumenschau statt.
Beispiel Bad-Nauheim:
Teichhauspleite, Nachnutzung, Baumparten und –spenden, Überlegung weiter Eintritt für den Goldsteinpark zu nehmen.
Aus dem Rathaus Bad Nauheim:
Gesucht: Baumpaten oder Geldspenden für Baumanpflanzungen. Die Stadt setzt den Vollzug des Haushaltsplanes um. Beschluss der Stadtverordnetenversammlung: Einsparungen sind im Bereich der Grünpflege umzusetzen.
Die Zukunft des Goldsteinparks wird in Badnauheim heiß diskutiert.
Haushaltsloch verschluckt die Blumenpracht auf dem Aliceplatz.
Bad Nauheim (jw). Das Defizit im Bad Nauheimer Haushalt beträgt laut dem Ersten Stadtrat Armin Häuser (CDU) 8,5 Millionen Euro.
Wie wird die Nachnutzung denn in Gießen sein. Unsere Stadt hat ja jetzt schon kein Geld mehr?
Gesamtfazit:
Landesgartenschauen führen fast immer zu weiteren Schulden und Kosten. Sie sind ein nicht zu kalkulierendes Risiko. Es ist unredlich solche Events durchzuführen, wenn man sie sich nicht leisten kann!