Gießen |
Wie kann man der Eskalation in den Kriegsgebieten dieser Welt entgegentreten und die Gefahr für einen 3. Weltkrieg reduzieren? Führt die momentane Aufrüstung zu mehr Sicherheit und zu mehr Frieden?
An Kriegen und seinen Folgen ist Deutschland maßgeblich beteiligt, u. a. durch seine Militäreinsätze in 15 Staaten, die von ihm mit betriebene Militarisierung der EU und seine Rüstungsexporte in Kriegsgebiete. Die Möglichkeiten Konflikte mit militärischen Mitteln zu lösen werden erhöht, in dem immer mehr Waffen produziert und verkauft werden. Laut Rüstungsexportbericht der Bundesregierung erhielten 119 Länder im 1. Halbjahr 2016 Kriegswaffen und Rüstungsgüter aus deutscher Produktion, darunter 80 sogenannte Drittländer (Nicht-EU, Nicht-NATO und Nicht-NATO-gleichgestellte Länder).
Die Top 3 auf dieser Liste: Algerien, Korea, Saudi-Arabien.
Letzteres gilt neben Katar und Kuwait (die auch auf der Liste stehen) unumstritten als Unterstützer des IS.
Im Jahr 2016 wurden für die Ausfuhr von Rüstungsgütern Einzelgenehmigungen in Höhe von 6,88 Mrd. Euro erteilt.
Derzeit liegt der UNO-Generalversammlung
eine verabschiedete Resolution vor, in der Verhandlungen über ein weltweites Verbot von Atomwaffen noch in diesem Jahr gefordert werden. 123 Staaten, und damit eine große Mehrheit der Vereinten Nationen, votierten dafür. 38 Staaten angeführt von Russland, den USA und den meisten NATO-Staaten und auch Deutschland stimmten dagegen. Indem die Bundesregierung gegen ein Atomwaffenverbot stimmt, stellt sie sich gegen die Einsicht und das Wissen über das Vernichtungspotential der Atomwaffen und die Bedrohung der Existenz jeglichen Lebens auf der Erde.
Und es soll immer mehr werden:
Schon 2002 wurde in Prag beschlossen, dass NATO-Beitrittskandidaten zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Verteidigung investieren müssen. Somit wird auch in Deutschland der Militäretat jedes Jahr erhöht: für 2017 um acht Prozent, also um 2,7 Milliarden Euro, auf satte 37 Milliarden Euro. Die Eckwerte für den Entwurf des Bundeshaushaltes 2018 zeigen deutlich die aktuellen politischen Ziele von CDU/CSU und SPD: das Bundesverteidigungsministerium soll den höchsten Zuwachs erhalten. Im Vergleich zu 2017 sollen die Rüstungsausgaben im Jahr 2021 sogar um mehr als 14 Prozent höher liegen, also 42,3 Milliarden Euro betragen.
Wie wird dies gerechtfertigt?
Der damalige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel versuchte schon 2016 das zu rechtfertigen: „Deutschland und seine Verbündeten stehen angesichts terroristischer Bedrohungen und zahlreicher internationaler Krisen vor großen sicherheitspolitischen Herausforderungen. Die Bundesregierung steht zu ihren Bündnisverpflichtungen und zu ihrer Verantwortung für die europäische und internationale Sicherheit.“
Ist diese Hypothese bewiesen?
Sind terroristische Bedrohungen durch Aufrüstung und militärische Mittel zu bekämpfen? Sollten nicht viel mehr die Ursachen für Terror und internationale Krisen beseitigt werden? Ist es nicht die NATO, die durch ihre weltweiten Kriegseinsätze erst zum Terror beiträgt? Die weltweite Eskalation zeigt deutlich, wie im Kapitalismus die herrschende Klasse, die internationalen Konzerne, die Banken und die Politik mit ihren Unterstützern aus Judikative und Exekutive Hand in Hand mit dem Militär oder anderen Streitkräften geht.
Und warum sollten gerade zwei Prozent des BIP ausgeben werden?
Nimmt damit wirklich unsere Sicherheit zu? In den zehn Jahren von 2004 bis 2014 ist der Rüstungsetat bereits um fast 50 Prozent gestiegen. Das hat nur Rheinmetall und andere Rüstungskonzerne reich und die Welt unsicherer gemacht. Laut Spiegel-online stieg der Umsatz bei Rheinmetall in 2016 um 300 Millionen Euro auf 2,9 Milliarden Euro, der Gewinn um 63 Prozent auf 147 Millionen Euro.
Ausgaben für Rüstungsprojekte führen nicht automatisch zu mehr Sicherheit, sondern zu Eskalation in Konfliktgebieten und zu mehr Kriegen und allen ihren Folgen. Kriege machen die Welt nicht sicherer, sondern produzieren unendliches Leid, sind Nährboden für Terrorismus und Hauptgrund für riesige Fluchtbewegungen. Und es ist pervers, dass die Verantwortlichen für diese Eskalation der Gewalt, des Elends und der Not in dieser Welt den Fliehenden vor Krieg und Unterdrückung und den Schutzsuchenden Hilfe und Asyl verwehren.
Kriege werden ausschließlich geführt, um Rohstoffquellen zu kontrollieren und die weltweiten Güterströme und Handelswege zu ermöglichen und zu schützen. Um wirtschaftliche und geopolitische Kontrolle zu schaffen, auszubauen und zu bewahren. Kriege sind das Mittel der herrschenden Klasse, um ihren Reichtum und ihr Kapital zu maximieren.
Und Kriege sind eine Verschwendung von Steuergeldern. Es wird gar nicht darüber diskutiert, ob wir für unsere Sicherheit so viel mehr Geld brauchen. Es wird einfach auf Beschlüsse der NATO verwiesen, die damit darüber entscheidet, wofür die Mitgliedsländer ihre Steuergelder ausgeben.
Gibt es eine Alternative?
Innen- bzw. zwischenstaatliche sowie wirtschaftliche Konflikte müssen mit gewaltfreien und diplomatischen Mitteln gelöst werden. Wir brauchen eine Politik und eine Gesellschaft, die eine friedliche Koexistenz der Staaten, Offenheit der Grenzen und gegenseitige Unterstützung statt Ausbeutung zur Grundlage hat. Eine Politik, die den Mensch und nicht den Profit in den Vordergrund stellt. Das bedeutet auch: Senkung des deutschen Rüstungshaushalts statt geplanter Verdopplung, Stopp der Auslandseinsätze der Bundeswehr, die Einstellung von Rüstungsproduktion und -export und den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland, Beendigung der US-Drohnen-Morde von Deutschland aus und Schließung der US-Basis Ramstein. Abrüstung ist der einzige Weg, um Fluchtursachen zu reduzieren und endlich Verantwortung für das von uns verschuldete Leid durch uns angefachte Kriege zu übernehmen.
Aber letztendlich muss man die Verstrickung von Kapital und kriegerischen Auseinandersetzungen kritisch hinterfragen, wer aus Kriegen Nutzen zieht und sogar daran verdient. Kriege sind eine logische Folge und Konsequenz aus dem außer Kontrolle geratenen Kapitalismus, in dem ein nachhaltiger Frieden, ein fairer und würdevoller Umgang zwischen allen Menschen dieser Welt und ein respektvoller Umgang mit der Natur nicht möglich sein wird.
Deshalb ist es wichtig,
dass alle Kriegsgegner diese Überzeugung zahlreich und lautstark auf die Straße bringen! Die vielen Ostermärsche und Veranstaltungen, die am kommenden Wochenende bundesweit für den Frieden stattfinden, sind ein Anfang (siehe auch www.friedenskooperative.de/ostermarsch-2017), so auch in Gießen und Frankfurt: siehe
http://www.giessener-zeitung.de/giessen/beitrag/117987/die-waffen-nieder-aufruf-zur-teilnahme-an-den-ostermaerschen/
Deshalb ist es auch wichtig,
dass alle Kriegsgegner bei den nächsten Wahlen sorgfältig prüfen, welche Parteien die Interessen des Kapitalismus, die der ausbeutenden, herrschenden Klasse und den Kriegstreibern vertreten. Wer den nachhaltigen Frieden möchte, darf sich nicht der Illusion hingeben, dass dies mit AfD, CDU/CSU, SPD, GRÜNE und sogar Einzelne der LINKEN, die für Machtbeteiligung faule Kompromisse eingehen werden, möglich sein wird.