Gießen | WETZLAR.
Rockige Stimmen, sanfte Stimmen, impulsive Stimmen und flippige Stimmen – von dieser Bandbreite im Kontext popmusikalischer Sangeskunst ließen sich insgesamt rund 500 Zuhörer der drei Konzerte der Wetzlarer „Vocal Noise – Schule für Performance“ am vergangenen Wochenende überzeugen. Denn eingebettet in eine professionelle Atmosphäre aus stimmungsvollem Licht- und Sounddesign und begleitet von einer aus Profimusikern bestehenden Showband haben rund 30 Sängerinnen und Sänger aus Gießen, Wetzlar, Marburg und Umgebung – darunter vor allem Gesangsschüler, aber auch Lehrkräfte – ihre im diesem Unterrichtsjahr erarbeitete Songs oft auch gleich derart stilsicher und selbstbewusst präsentiert, dass sich das Publikum in der Aula der Kestnerschule (Bergstraße 45) wie in einer Samstagabend-TV-Musikshow wähnen durfte.
Auf dem mit deutsch- und englischsprachigen Pop-, Rock-, Swing-, Funk-, Soul- und Singer/Songwriter-Nummern gespickten, abwechslungsreichen Programm standen mehrheitlich Solovorträge der jugendlichen sowie jüngeren und älteren erwachsenen Gesangsschüler, aber auch Duette, Quartett- und Chorformationen
traten auf. Unterstützt wurden die Sänger und die Band bei einigen Songs durch Gitarren- und Klavierschüler. Immerhin befinden sich an der vor elf Jahren von Johannes Quiring als reine Gesangsschule gegründeten „Vocal Noise“ (VN) mittlerweile zusätzlich Gitarren-, Klavier- und Tanz-Unterricht im Angebot.
In ihren mitunter emotionsgeladenen, mal an den Vorbildern orientierenden, mal auch umarrangierten Interpretationen bekannter Hits und weniger bekannter Songs bewiesen die Protagonisten des Konzertes - vom Anfänger mit erstem Auftritt bis zu bereits erfahrenen, in heimischen Bands und Vokalensembles aktiven Sängerinnen - oft eine ausgewiesene Bühnenreife. Denn alle Beiträge bestachen durch gute bis herausragende stimmliche Qualitäten.
So sorgte Paulina Ries‘ lässig-lockere Interpretation von „Cool my heels“ (Nikki Yanofsky) im funky-poppigen Sound für einen anregend-beschwingten Start in das knapp dreistündige Programm. Ebenso beseelt vom Swing und Funk zielten einige Vorträge auf mitgroovende Hüften ab: Karin Lederle mit Cab-Calloway-Klassikers „Minnie the moocher“ und Ramon Iglesias mit der Roger-Cicero-Nummer „Zieh die Schuhe aus“ zeichneten sich nicht nur für ihre Affinität für die glanzvolle Showbühne aus, sondern
auch optisch machten ihre Auftritte viel her. Und als Monique Schmitt nach dem sich selbst am Piano begleitenden „If I ever lose my faith“ (Sting) zum funky Stevie-Wonder-Song „I Wish“ überleitete, ließ sich auch das Publikum vom Groove berauscht mitreißen.
Sehr emotional ergriffen und impulsiv ausbrechend stimmten Nane Böcher (jüngste Sängerin des Programms) den Song „On Fire“ (Stefanie Heinzmann) und Pascal Fehst die punkig-rebellische Nummer „Freiheit ist ne Hure“ von der Band „Milliarden“ an.
Aufhorchen ließen ebenfalls besondere Interpretationen: So überraschte die Sängerin und Harfenistin Cordula Poos mit ihrem Vortrag des flockigen Pop-Chansons „Go to the river“ von Yael Naim. Denn das hier nun mit stampfende Beats und Bass garnierte Bandarrangement umhüllte den quirlig-frechen Gesang Poos‘ und deren fluffiges Harfenspiel mit einem pop-folkigen Sound a la „Katzenjammer“. Anne Köppen hatte hingegen den David Guetta/Nicki Minaj-Hit „Hey mama“ selbst umarrangiert und präsentierte die eigentlich schon lässige Rap/House-Nummer nunmehr in einem noch gemächlicheren Soul/Rock-Gewand.
Ruhige und gefühlvolle Momente steuerten unter anderem Julia Quiring mit der „Pur“-Ballade „Geweint vor Glück“, Ruth Kamilla Stubenrauch
mit Stevie Wonders „All in Love is fair“ sowie das Duett von Kira Pulverich und Leo Wiemer (auch Gitarre) mit dem Song „Let her go“ (Passanger) bei. Aus dem balladesken Pool der Singer/Songwriter fischten sich beispielsweise Cordula Unger das Lied „Herz über Kopf“ (Joris), das sie mit rauchigem Timbre einer Ina Müller anstimmte, Sarah Galling den Song „I’ll follow you“ (Jon MacLaughlin) oder Lukas Nadjiri den Song „Let it go“ (James Bay) heraus.
Um der Gesangsshow auch noch etwas Partyfeeling zu verleihen, zollten Franziska Lötzsch mit „Who Know“ der Sängerin Pink, Sophie Birkenstock mit „Ain’t it fun“ der Band Paramore und schließlich im Quartett Janina Hill, Monique Schmitt, Ruth Kamilla Stubenrauch und Sophie Birkenstock mit „Wings“ der ebenfalls vierköpfigen Frauen-Popband „Little Mix“ ihren Tribut.
Dass sich alle Sängerinnen und Sänger beim Konzert von authentischer Liveatmosphäre umgeben motiviert fühlten, war der kongenial musizierenden Begleitband zu verdanken, zu der so bekannte Musiker der heimischen Musikszene wie Sebastian Büttner (Gitarre/VN-Lehrkraft), Matthias Gräb (Bass), David Bender (Klavier/VN-Lehrkraft), Björn Hartmann (Schlagzeug), ein aus den Gesangslehrern Ruth Kamilla Stubenrauch, Johannes Quiring und Benjamin Gail bestehender Backgroundchor sowie drei Bläser (Dominik Schmitt/Saxofone/Melodica, Frank Schmitt und Tom Benner/Posaune) gehörten.
Für die vom Publikum lautstark eingeforderte Zugabe kamen alle zuvor solistisch beteiligten Akteure sowie noch weitere „Vocal Noise“-Gesangsschüler als Chor zusammen. Unter der Leitung von Benjamin Gail gab es sodann mit den Songs „Roar“ (Katie Perry), „All of me“ (John Legend) und „Happy“ (Pharell Williams) einen schwungvoll-vergnüglichen Abschluss. [PM]
Beteiligte Gesangsolisten: Josh Balßer, Sophie Birkenstock, Nane Böcher, Marie Brück, Pascal Fehst, Sarah Galling, Angie Gerhardt, Tina Gossen, Janina Hill, Dinah Hirsch, Ramon Iglesias, Tanja Kessler, Anne Köppen, Karin Lederle, Franziska Lötzsch, Lukas Nadjiri, Cordula Poos, Kira Pulverich, Julia Quiring, Paulina Ries, Monique Schmitt, Annika Schwenk, Ruth Kamilla Stubenrauch, Cordel Unger, Dominik Wagner, Anna Verena Wenzel, Leo Wiemer, Steffen Mehl.
Begleitende Instrumentalschüler/Instrumentalisten: Sandro Find, Leo Wiemer, Finn Heppner (alle Gitarre), Cordula Poos (Harfe), Lea-Sophie Böhm, Sophie Birkenstock, Monique Schmitt, Johanna Bergfeld, Louisa Gail (alle Klavier), Samuel Bernhardt (Keyboard).
Background-Gesang: Johannes Quiring, Ruth Kamilla Stubenrauch, Benjamin Gail
Band: Sebastian Büttner (Gitarre), Matthias Gräb (Bass), David Bender (Klavier), Björn Hartmann (Schlagzeug), Dominik Schmitt (Saxofone/Melodica), Tom Benner und Frank Schmitt (beide Posaune)