Fraktionslose Martina Lennartz zum Vorschlag des Magistrats….

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…einen HärtefallFond für Stromsperren im Rahmen von 120.000 Euro einzurichten.

Martina Lennartz hatte selbst einen Antrag gestellt, die jährlichen Dividenden der SWG von 2,5 Mio an die Stadt für einen solchen Härtefond zu verwenden. Dieser wurde abgelehnt.

“Sehr geehrter Vorsitzender, liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich möchte hier kurz erläutern, warum ich dem Antrag des Magistrats nicht zustimmen kann, sondern an meinem Antrag festhalten muss.

  1. Der Antrag des Magistrats möchte nur Stromsperren verhindern? Was ist mit Sperren von Wasser, Gas, Fernwärme und anderen Energiequellen? Zur Kenntnis: In den ersten deutschen Städten werden Wassersperrren vollzogen, da sie zulässig sind.
  2. Die Summe von 120.000 € ist leider lächerlich.

Im Jahr 2021 gab es 454 Stromsperren. Und die Preise sind 2022 gestiegen. Schon am 1. April stieg der Strompreis um 5,4% und wird ab Januar um 18,2 Cent auf knapp 46,7 Cent pro Kilowattstunde steigen. Für einen durchschnittlichen Haushalt mit einem jährlichen Verbrauch von 2200 Kilowattstunden macht das eine Erhöhung von 400 Euro mehr pro Jahr aus.

Hier die Rechnung: Wir hätten die 120.000 € vom Fond. Als Grundlage nehmen wir die 454 Stromsperren von 2021. Wir teilen die Summe durch die Sperrungen, da bleiben pro Sperrung nur 264.-€ pro Haushalt, benötigt würden aber 400.-€

  1. Die Preise werden weiter steigen, aber der Magistrat hält zwei Jahre an seinen Geldbetrag fest- ohne dies zu berücksichtigen. Alleine in diesem Jahr stiegen die Energiepreise 5 mal im Jahr. Zu Bedenken sind Inflation und das Steigen aller Preise.
  2. Laut dem Antrag soll eine Kommission gegründet werden. Auch eine Energiesparberatung sei angedacht. Die hohen Rechnungen kommen Anfang 2023. Da kann man mit Beratung wenig erreichen.

Immer mehr Menschen sind krank. Depressionen, Suchterkrankungen, Suizide uvm. nehmen zu- das wundert bitte niemand. Diese kommen zu keiner Beratung- nicht weil sie wollen- weil sie nicht können.

  1. Es sollen Richtlinien für ein Konzept des Härtefall- Fonds errichtet werden. Ja, bitte, ab wann denn? Schön, dass im Februar der erste Runde Tisch tagte- mit welchem Ergebnis?- wir haben jetzt Dezember! Ich denke, hier ist sofort Hilfe angesagt und nicht das Bilden weiterer Arbeitskreise…wenn du nicht mehr weiter weißt…
  2. Beschluss der letzten STVV: die Stadt stellt den Stadtwerken bis zu 20 Millionen Euro als Absicherung für Energieeinkäufe auf dem Terminmarkt zur Verfügung. Sehe ich das richtig: 20 Mio für die SWG und nur 120.000 € für die, die unter deren Rechnungen leiden? Das war in Deutschland mal anders. Nach 1945 waren alle städtischen Versorgungsunternehmen dem Prinzip der Gemeinschaft verpflichtet. Das bedeutet, dass sich die grundlegende Elemente der Daseinsvorsorge (dazu gehören Energie und Gesundheit) in öffentlicher Hand befand.

Seit der Privatisierung (Siehe auch UKGM) wurde damit gebrochen. (Ich verweise auf den §121 der HGO)

Eigentlich sollten die Preise kostendeckend gestaltet werden. Jetzt machen die SWG große Gewinne. Die Dividenden von 2.5 Mio landen zwar in der Stadt. Dort werden andere Löcher gefüllt- mit Gemeinwirtschaft hat das nichts mehr zu tun.

  1. Im Text des Magistrats steht, eine Antragstellung für den Härtefall Fond kann erst eingerichtet werden, wenn die Gewährung eines Darlehens ausgeschöpft ist? Das ist doch ein Hohn? Wovon sollen die Raten plus die erhöhten Rechnungen gezahlt werden? Die Menschen sind arm! Und sie werden immer ärmer. Die Schere geht ganz schnell und weit auseinander. Wollen sie diesen Menschen echt noch Hürden einbauen, um ein würdevolles Leben zu haben??
  2. Aus dem Sozialstrukturdatenberichterstattung 2020 der Stadt Gießen ist zu entnehmen, dass es seit 2017 durchschnittlich 4984 Personen gibt, die den Gießen Pass erhalten. Besonders diese Familien sind hart betroffen, sowie viele weitere Geringverdiener und Alleinerziehende. Tendenz steigend. Die werden z.T ihre Rechnungen nicht zahlen können- woher auch?

Zusammenfassung: 120.000 Euro reichen ganz sicher nicht, das Antragsverfahren viel zu kompliziert, die Verantwortung wird von Magistrat hier auf Kommissionen und Ausschüben verschoben. Start: ungewiss

Die Kälte und die Armut lassen sich nicht durch Paragraph beseitigen. Wir brauchen Hilfe sofort und unbürokratisch. Das  ist das Gebot der Stunde.

Wer den Reichen nichts nimmt- kann den Armen nichts geben.”

3 Kommentare

  1. Danke Frau Lennartz nicht nur für den informativen Artikel, sondern auch für den ins Parlament eingebrachten Antrag.

    Im Artikel steht:

    (…….) “Eigentlich sollten die Preise kostendeckend gestaltet werden. Jetzt machen die SWG große Gewinne. Die Dividenden von 2.5 Mio landen zwar in der Stadt. Dort werden andere Löcher gefüllt- mit Gemeinwirtschaft hat das nichts mehr zu tun.” (……..)

    Genau, das ist nicht nur rechtswidrig, sondern auch sehr ärgerlich. Als Nutzer der SWG bin ich bereit einen kostendeckenden Preis für die diversen Dienstleistungen zu zahlen (ausgenommen für den Bus – der OEPNV muss kostenlos zu nutzen sein). Aber warum soll ich von meinen Groschen oder Mark z.B. die horrend hohen Aufwandsentschädigungen der Giessener Palamentarier mit finanzieren???